Presse und Internet - Linksextremismus und linksextreme Militanz sowie angrenzende Themen, zusammengestellt bis zum 27.07.2017
Aus dem Inhalt:
Debatte nach linksextremen Gewaltexzessen in Hamburg
Kommunistische Ideologie: Gleichmacherei
Bertelsmann/Spiegel: Populismus = Pro-Volkssouveränität?
HSH
Werner J. Patzelt, 14. Juli 2017.·https://www.facebook.com/WJPatzelt/
Aus gegebenem Anlass sei hingewiesen auf die nachstehend verlinkte Dokumentation zu linksextremer Gewalt, deren jetziges Medienecho und frühere Verharmlosung, die von Gerold Hildebrand, Mitarbeiter an der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, zusammengestellt wurde:
https://www.docdroid.net/TEdTzBD/dokumen...hoenhausen.docx
Prävention / Einschätzungen
Jennifer Nathalie Pyka: G20 und das Schaulaufen der Jammerlappen, Salonkolumnisten, 8. Juli 2017. https://www.salonkolumnisten.com/g20-jammerlappen/
„Der durchschnittliche G20-Demonstrant hat es nicht leicht: hier zu viel Polizei, dort zu viel Aufmerksamkeit für die gewalttätigen Ausschreitungen, die seinem friedlichen Protest die Show stehlen. Dabei wäre die Lösung denkbar einfach: nicht jammern, distanzieren!
Wenn gewaltaffine Linksextremisten rund um den G20-Gipfel in Hamburg ganze Stadtviertel lahmlegen, hat freilich jeder eine Meinung parat. Besonders interessant sind dabei die vielen Wortmeldungen, wonach es überaus bedauerlich sei, dass die gewalttätigen Ausschreitungen nun all die friedlichen und kreativen Proteste aus dem Fokus der Aufmerksamkeit verdrängen würden. Hört man sich aber bei den nicht-gewaltbereiten G20-Phobikern um – alternativ bieten sich ebenso Katja Kipping oder Jakob Augstein an – dann überwiegt vor allem eines: Empörung über das Verhalten der Polizei, nicht etwa über die mannigfaltigen Verwüstungen durch das Treiben vermummter Straftäter. […]
Wäre es meine Demo, die vom „Schwarzen Block“ zur Deckung genutzt und dementsprechend torpediert würde, und wäre es mein Anliegen, in dessen Namen radikale Straftäter Autos anzünden und Pflastersteine auf Polizisten werfen, dann wäre ich extrem erbost. So extrem erbost, dass ich mich nicht nur verbal stante pede davon distanzieren, sondern auch nebenan in der Praxis alle Hebel in Bewegung setzen würde, um diesen Irrsinn auf größtmöglichen Abstand zu halten.
Aber bei den gut gelaunten G20-Demonstranten herrscht offenbar ein etwas entspannteres Verhältnis zur Gewalt. Allem Anschein nach überwiegt dann eben der „gemeinsame Feind“; selbst wenn der weder über einen Tiefgaragenstellplatz noch über eine Vollkasko-Versicherung verfügt und stattdessen nur einen Kleinwagen besitzt – beziehungsweise besaß. Dabei ist die Gleichung denkbar simpel: je weniger „Schwarzer Block“, desto weniger Gewalt und desto niedriger der Polizeibedarf. Je weniger Vermummte, desto mehr Aufmerksamkeit für all die schicken „Capitalism kills“-Transparente und kreativen method-acting-Einlagen zugunsten des Klimas. Die friedlichen Widerständler haben es ein Stück weit selbst in der Hand, was aus ihren Plänen für eine bessere Welt werden soll: Entweder werfen sie sich weiterhin für pyromanisch veranlagte Randalierer in die Bresche und bejammern dabei ausgiebig ihr Schicksal, oder aber sie distanzieren sich konsequent von jeglicher Gewalt.
Spätestens an dieser Stelle ließe sich dann auch tatsächlich über all den Unfug diskutieren, den die pazifistischen gesinnten G20-Kritiker liebevoll auf ihre Plakate gemalt haben. Warum der Kapitalismus nicht tötet, sondern die durchschnittliche Lebenserwartung signifikant erhöht, beispielsweise. Oder über die Frage, weshalb man in den Breitengraden, in denen der angewandte Anti-Kapitalismus herrscht, nur selten „kreative Proteste“ zu sehen bekommt.“
Ragnar Weilandt: Scheinheiligkeit der Linksextremisten. Hass und Gewalt gegen Polizisten ist nicht besser als Hass und Gewalt gegen andere Gruppen, causa.tagesspiegel, 14. Juli 2017. https://causa.tagesspiegel.de/politik/is...re-gruppen.html
„Linksextremisten maßen sich an, ihre eigene Weltanschauung sei mehr wert als die von einer großen Mehrheit unterstützte freiheitlich-demokratische Grundordnung. Gewalt ist eine logische Konsequenz der Ablehnung dieser Ordnung und ihrer Mechanismen zur friedlichen politischen Entscheidungsfindung. […]
Linksextremisten sind weder rassistisch noch fremdenfeindlich. Sie können aber sehr wohl menschenfeindlich sein. Denn Hass und Gewalt gegen Polizisten und Banker ist nicht besser als Hass und Gewalt gegen andere Gruppen. […]
Bereits bevor die Polizei entschied, den schwarzen Block der Linksautonomen vom Rest der „Welcome to Hell“ Demo zu trennen, skandierten auch die nicht vermummten Teilnehmer Slogans wie „Ganz Hamburg hasst die Polizei“ oder „No justice, no peace, fight the police“. Diese Rhetorik erinnert an das, was eine steckbrieflich gesuchte Linksextremistin einst dem Spiegel aufs Tonband sprach: „Wir sagen, natürlich, die Bullen sind Schweine, wir sagen, der Typ in der Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir uns mit ihm auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch überhaupt mit diesen Leuten zu reden, und natürlich kann geschossen werden“ sagte die RAF-Terroristin Ulrike Meinhof im Sommer 1970.
Geschossen wurde auch in Hamburg. Wer mit Zwillen Stahlkugeln feuert oder Flaschen, Pflastersteinen und Molotowcocktails wirft nimmt lebensbedrohliche Verletzungen in Kauf. Bereits im Vorfeld hatte die Hamburger Polizei bei polizeibekannten Linksextremen ein ganzes Arsenal von Waffen und gefährlichen Gegenständen beschlagnahmt. Trotzdem stand für weite Teile des linken Spektrums schon vor dem Gipfel fest, dass alleine die Polizei die Verantwortung für eine mögliche Eskalation träge.
So wie die Parteivorsitzende der Linken. Bereits am Mittwoch warf Katja Kipping der Polizei vor, sie ließe „ihre Hundertschaften mit schwerem Gerät durch die Straßen der Hansestadt marodieren und schikaniert Menschen, die es wagen, Bier zu trinken oder im Zelt zu schlafen.“ Auch nachdem klar wurde, dass Hamburger Bürger vor allem durch marodierende Linksautonome schikaniert wurden sah sie die Hauptschuld weiter bei der Polizei, die alles getan habe „um jene Bilder zu erzeugen“. […]
Das Problem liegt dabei nicht nur der blinden und exzessiven Zerstörungswut einiger Linksautonomer. Es besteht vor allem darin, dass sich hier eine kleine Minderheit anmaßt, ihre Weltanschauung sei mehr wert als die von einer großen Mehrheit unterstützte Ordnung aus parlamentarischer Demokratie, Rechtsstaat und sozialer Marktwirtschaft. Es besteht darin, dass es diese Minderheit nicht für nötig hält, Menschen zu von ihren Ansichten zu überzeugen und selbst Mehrheiten zu organisieren. Es besteht darin, dass sich ein Teil dieser Minderheit stattdessen berechtigt und berufen fühlt, Gesetze brechen um die Entscheidungen dieser Regierungen, wie zum Beispiel die Organisation eines internationalen Gipfeltreffens in Hamburg, zu blockieren.“
Claus Christian Malzahn: Extremismus in Deutschland. „Das staatliche Gewaltmonopol steht zur Disposition“, Die Welt, 25.07.2017. https://www.welt.de/politik/deutschland/...isposition.html
„Extremismusforscher Klaus Schroeder diagnostiziert eine gefährliche Toleranz für rechtsfreie Räume. Dies gelte für besetzte Häuser, ebenso wie für „national befreite Zonen“ und kriminelle Milieus arabischer Großfamilien. […]
Der Polizei wurde ja immer wieder vorgeworfen, sie gehe zu hart vor. In Hamburg blockieren Menschen eine Straße, um Delegationen aufzuhalten. Sie nennen das zivilen Ungehorsam. Dann kommt die Polizei und räumt – und darüber beschweren sich diese Leute dann.
Es ist merkwürdig, dass das Brechen rechtsstaatlicher Regeln für legitim gehalten wird. Die Polizei ist in den letzten Jahrzehnten zum Prügelknaben geworden. Sie verhält sich alles in allem eher defensiv. Das wird von vielen Gruppen ausgenutzt. Nicht nur von Extremisten. Wir erleben das teilweise auch im Zuwanderermilieu. […]
In einer repräsentativen Umfrage, die wir vor drei Jahren gemacht haben, fand nur knapp die Hälfte der Befragten, dass das staatliche Gewaltmonopol verteidigt werden muss. Das staatliche Gewaltmonopol steht also zur Disposition, es erodiert. Zu wenige Politiker bekennen sich öffentlich dazu, dass zur Verteidigung des Rechtsstaats auch der Einsatz von Sicherheitskräften gehört. Wenn die Polizei bei Regelverstößen hart durchgreift, wird sie kaum verteidigt. […]
Linksextreme Gewalt wurde oft achselzuckend hingenommen, zumal wenn es um Gewalt gegen Sachen oder Andersdenkende ging. Und es gibt bis in die Mitte der Gesellschaft hinein die Sicht, dass linksextreme Gewalt irgendwie für eine gute Sache wäre. Dabei haben Linksradikale, wenn sie die Macht erobert haben, nie das gehalten, was sie als Bewegung versprochen hatten.
Im Gegenteil, dann wurden Diktaturen errichtet. Soziale Ungleichheit wurde nicht beseitigt, sondern neue Profiteure eingesetzt. Als Präventionsmaßnahme empfehle ich Jugendlichen immer George Orwells „Farm der Tiere“. Der Brite hat schon 1945 beschrieben, wie begeisterungsfähig Linksextremisten erst sein können, und wie ausbeuterisch, wenn sie an der Macht sind.“
Werner J. Patzelt: Demonstranten und Gegendemonstranten, etc.pp - Patzelts Politik, 4. Juli 2017. http://wjpatzelt.de/2017/07/04/demonstra...ndemonstranten/
„Natürlich besitzen das gleiche Recht auf Demonstrationsfreiheit und öffentliche Meinungsbildung auch jene, die jeweils gegenteilige politische Positionen vertreten und das auch zeigen wollen, etwa als Gegendemonstranten. Solange Demonstrationen und Gegendemonstrationen räumlich getrennt stattfinden, gibt es kein Problem. Schwierigkeiten entstehen aber, wenn nicht nur in Hör- und Sichtweite von Demonstranten gegendemonstriert wird, sondern wenn die Gegner auch körperlich aneinandergeraten. Dann entstehen Konflikte zwischen dem beiderseitigen Grundrecht auf Versammlungsfreiheit.
Um beiden Seiten die Ausübung ihrer Rechte zu sichern, steht dann – mitunter tätlich angegriffen – zwischen den Gegnern die Polizei. […]
Nur gestört werden Demonstrationen durch Pfeifkonzerte und sonstige Lärmentfaltung von Gegendemonstranten. Weil es kein Recht darauf gibt, von Meinungsäußerungen anderer unbehelligt zu bleiben, ist derlei auch hinzunehmen – jedenfalls solange, wie nicht durch Lärmentfaltung der Versammlungszweck unterbunden wird. Doch letztlich geht es hier um Stilfragen, weniger um Rechtsfragen. Wem an Fairness liegt, wird dabei bedenken, wie er selbst den Einsatz von Sprechchören und Trillerpfeifen bewertete, wenn er nicht Akteur, sondern Adressat wäre.
Behindert aber werden Demonstrationszüge durch Blockaden des Demonstrationsweges. Es kann sich dabei bloß um Sitzblockaden handeln. Doch auch das Verstellen von Straßen durch geeignete Sperrmaterialien oder durch Selbstankettung von Blockierenden kommt in Frage. Ferner kann die Beseitigung solcher Behinderungen durch Gewaltanwendung behindert werden. Ob das alles einem Demonstrationszug ein unüberwindliches und dann rechtswidriges Hindernis entgegenstellt, ist nach mehrheitlicher Rechtsmeinung vor allem aus der Warte der – versuchsweise – Blockierten zu betrachten. […]
Real blockierendes Verhalten stellt also Nötigung dar, unterläuft den Vorrang staatlicher Zwangsmittel und widerspricht dem auch für Gegendemonstranten geltenden Grundsatz friedlichen Demonstrierens.
Das alles ist bei bloß symbolischen Blockaden nicht der Fall. Gewalttätigkeit liegt auch dann nicht vor, wenn es beim Blockieren an einer über die körperliche Anwesenheit – durch Gehen, Stehen, Sitzen – hinausgehenden Kraftentfaltung fehlt. In einen Graubereich strittiger Rechtsmeinungen führt erst die Frage, ob manche Blockademaßnahmen wohl eine rein einschüchternde Wirkung auf die Demonstranten haben könnten und diese dadurch, also ohne konkrete Gewalttätigkeit, rechtswidrig um das Recht auf Versammlungsfreiheit brächten. Konsens ist, dass keine rechtswidrige Demonstrationsblockade vorliegt, wenn die Blockadewirkung allein eine psychische ist. Einer bloßen Drohung, die nicht physisch untersetzt ist, kann man nämlich auch zumutbar trotzen.
Grundsätzlich handeln Gegendemonstranten solange rechtmäßig, wie sie einen Demonstrationszug nicht unmöglich machen, sondern nur erschweren. Letzteres kann vorliegen, wenn ein Demonstrationszug auf die andere Straßenseite ausweichen oder einen Umweg nehmen muss. An Grenzen der Rechtsmäßigkeit geraten solche Erschwerungen allerdings, wo sie die – dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtete – Polizei daran hindern, überhaupt das Demonstrationsrecht der auf solche Weise Bekämpften zu gewährleisten. […]
Sind Demonstrationsblockaden vielleicht bei Notwehr gegen mögliche Bedrohungen unserer Demokratie oder bei Nothilfe für von Demonstranten mit Polemik überzogene Gruppen gerade nicht rechtswidrig? Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht 2009 im sogenannten „Wunsiedel-Urteil“ festgestellt (BVerGE 124, 300-347, Absatz 77): […]
Demonstrationsblockaden aus gleichsam „übergeordneten Gewissensgründen“ sind somit unzulässig. […]
Es führt zu keiner systematisch befriedigenden Einschätzung, Demonstrationsblockaden unter den Begriff des Widerstandsrechts zu ziehen. Dieses greift nämlich erst dann, wenn es sich gegen Versuche richtet, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Darum geht es bei Demonstrationen aber kaum einmal. Auch ist es wenig sinnvoll, das ohnehin verfassungsmäßig gesicherte Recht auf Opposition unter den Begriff des Widerstands zu ziehen und jeden Streit um konkrete Politik als einen um den Bestand der Verfassungsordnung auszugeben. Bei Demonstrationen und Gegendemonstrationen geht es nämlich um legitimen politischen Streit anhand der Regeln pluralistischer Demokratie, nicht aber um gleichsam spielerische Formen von Revolution oder Bürgerkrieg. […]
ursprünglich veröffentlicht als „Sind Demonstrationsblockaden legal?“, in: Rechtsextremismus. Gefahren erkennen, Demokratie stärken, http://www.kas.de/wf/de/71.16442/
Lisa Inhoffen: Mehrheit sieht wachsendes Problem mit politischen Extremisten, yougov, 25. Juli 2017. https://yougov.de/news/2017/07/25/mehrhe...t-politischen-/
„Randalierende Linke beim G20-Gipfel in Hamburg und rechte Rocker mit Hitlergruß auf einem Konzert in Thüringen. 81 Prozent sind der Meinung, dass Deutschland ein wachsendes Problem mit politischen Extremisten allgemein hat. Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen YouGov-Umfrage mit Statista. Nur gut jeder Zehnte (12 Prozent) ist nicht der Meinung.
Fast genauso viele sind der Ansicht, der Staat habe diese Problematik nicht im Griff (78 Prozent). Nur 15 Prozent denken, die Bundesregierung würde im Bezug Extremismus alles richtig machen. […]
Außerdem sind zwei von fünf Deutschen jeweils für eine zentrale Extemistenkartei (41 Prozent), die Schließung von autonomen Versammlungszentren (z.B. die Rote Flora in Hamburg) (41 Prozent) und der Einsatz von mehr Polizisten bei Versammlungen (40 Prozent). Nur 3 Prozent finden, dass der Staat reagieren sollte, wie bisher und 2 Prozent finden, er reagiert zu hart.“
http://www.handelsblatt.com/politik/deut...s/20040404.html
Britische Umfrage: Jesus für 28 Prozent ein ‚Extremist’, kath.net, 25 Juli 2017. http://kath.net/news/60385
25 Prozent halten Martin Luther King für einen Extremisten, eben so viele sind der Ansicht, dies treffe auf Nelson Mandela zu. Bei Mahatma Gandhi sind es 20 Prozent, beim Dalai Lama 13 Prozent.
Die Umfrage bezieht sich nicht nur auf Personen, sondern auch auf Themen. 41 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Personen, welche die klassische Ehe verteidigen, Extremisten sind. 48 Prozent sind hingegen der Ansicht, es sei nicht extremistisch, Tieren die gleichen Rechte wie Menschen zu geben.
Die Umfrage zeige das ganze Ausmaß der gegenwärtigen moralischen Verwirrung. Mit diesen Worten kommentiert Dr. David Landrum von der Evangelische Allianz die Ergebnisse der Umfrage. Die Verwendung des Begriffes „Extremismus“ führe zu Chaos und Spaltung in der Gesellschaft, fürchtet er.
Die Regierung versuche seit zwei Jahren, den Begriff „Extremismus“ halbwegs präzis zu definieren. Dies sei nicht gelungen und die Umfrage zeige, dass die Öffentlichkeit genau so verwirrt über die Bedeutung des Begriffes sei. Außer wenn es sich um Terrorismus und Anstiftung zur Gewalt handle, tauge der Begriff „Extremismus“ nicht zur Beurteilung von Glaubensinhalten und Ansichten, sagt Landrum.“
Alexander Kissler: Zeitenwende - Die linke Ära ist vorbei, Cicero, 13. Juli 2017. http://cicero.de/innenpolitik/zeitenwend...aera-ist-vorbei
„Nach den Gewaltexzessen von Hamburg bröckelt die linke Deutungshoheit. Das ist gut so, denn eine freie Gesellschaft braucht freie Debatten. Die Zeit der argumentativen Ausgrenzung neigt sich dem Ende zu. […]
Den Linken entgleitet die Hoheit über die Begriffe. Es könnte der Beginn des Abschieds von der Macht sein.
Antifa, Autonome, Mut, Haltung und Zivilcourage: Diese fünf Begriffe verlieren gerade ihr disziplinierendes Potential. Sie werden von moralisch aufgeladenen Appell- und Funktionswörtern zu schlichten Behauptungen und so ihres pädagogischen Charakters entkleidet; vom Donnerwort zur Seifenblase in kurzer Frist. Antifa klang einmal nach dem einzig Richtigen, dem Kampf gegen den Faschismus. Heute erkennen wir, dass Gruppen, die sich so nennen, auf eigene Rechnung zu eigenen Zwecken kämpfen und dabei vor Hass und Gewalt nicht zurückschrecken. Wie anders ist es zu erklären, dass Drohungen der Antifa gegen Brandenburger Schüler ihr antidemokratisches Ziel erreichten und die Absage einer freien Diskussion provozierten?
Schlimmer noch: Der Staat, das rot-rot regierte Land Brandenburg, knickte vor der staatsfeindlichen Antifa ein. So wie er sich in Hamburg drei Tage lang von linken Extremisten lächerlich machen ließ, so riet der Staat nun in Potsdam, man möge eine Schulveranstaltung lieber sein lassen, gegen die sich die Antifa ausgesprochen hatte. Das Brandenburger Bildungsministerium erklärte dem Landesschülerrat: Diskutiert nicht offen über Politik, das könnte die Antifa reizen, das könnte die Antifa dazu bewegen, ihre Drohungen wahrzumachen und gewalttätig zu werden. Die Antifa bestimmt die Grenzen des Diskurses – und ein öffentliches Gespräch unter Schülern, zu dem auch ein Vertreter der AfD geladen war, darf aus linksextremer Perspektive nicht sein. Der Ruin der Begriffe folgt auf den Kollaps der Souveränität.
Die Antifa ist deklassiert, die Autonomen sind es auch. Autonomie war einmal ein wunderbarer Begriff. Er bezeichnete die Selbstemanzipation des Menschen. Heute soll er selbstfahrende Autos zu Personen empor schwindeln – Dinge können niemals autonom sein – und soll linksextremen Gefährdern ein Alibi für praktizierte Intoleranz geben. Um es in einen zynischen Witz zu packen: Autonom kann bei Autonomen nur das Gehirn sein; es hat ja ein anderer. Auch die medial verstärkte Verniedlichung der Hamburger Gewalttäter zu Chaoten, Randalierern oder Aktivisten gehört zu diesen strategischen Gedankenlosigkeiten. […]
Linke Journalisten verteilen Haltungsnoten für Nichtlinke, ob im Fernsehen, im Radio, in der Presse. Haltung soll die Reihen schließen, Haltung formiert die Weltanschauungselite. Haltung ist, was man risikolos eingestehen darf, ist Haltung „gegen rechts“, gegen „die Mächtigen“, gerne auch wieder gegen Israel. Man muss kein Orthopäde sein, um Haltungsschäden zu diagnostizieren, wenn es mehr Haltungsexperten als Haltungen gibt. So wurde Haltung vom Geländer, an das man sich hält, wenn‘s stürmt, zur täglichen Rutschbahn für die Feinde. Es ist die Haltung der Haltlosen. […]
Zivilcouragiert ist, wer dem linken Bekenntnis adäquate Taten folgen lässt, wer gegen die „strukturelle Gewalt“ der Verhältnisse aufbegehrt. Nach den linksextremen Exzessen von Hamburg wurde der anwaltliche Versuch unternommen, die Zerstörung fremden Eigentums als „Ausdruck zivilen Ungehorsams“ zu rechtfertigen. So hätte man‘s gern. So wird es nicht länger funktionieren, das Vernebeln von Verantwortung und Tolerieren von Terror im Namen einer einmal progressiv gewesenen Weltanschauung. […]
Hilflos ist das Geraune des altlinken Grünen Christian Ströbele – Anwalt von Beruf wie der gewalttolerierende Theoretiker des Ungehorsams aus Hamburg –, Gewalt liege eher bei der Staatsmacht, der Polizei, die durch ihre „ungeheure Brutalität“ die Demonstranten spontan „radikalisiert“ habe. Handelte es sich am Ende bei den 476 verletzten Polizisten um Selbstverstümmelungen? Schweigen wollen wir vom Vorschlag der Berliner Linkspartei, nach den Hamburger Gewalttaten durch Vermummte müsse nun das Vermummungsverbot aufgehoben werden. Damit der Schwarze Block wachse und gedeihe und im klassenkämpferischen Kampf ergraue, ohne dass man sein Haupthaar sehe. […]
Ein ehemals linker Traum könnte wahr werden, der in den vergangenen Jahren an linken Widerständen gescheitert ist: dass jeder mitreden darf im öffentlichen Gespräch und dass das gute Argument mehr zählt als die gute Herkunft.“
Potsdam
Michael Sauerbier: Schüler-Diskussion zur Bundestagswahl abgesagt. Brandenburg kuscht vor Links-Extremisten!, Bild, 11.07.2017. http://www.bild.de/regional/berlin/links...18508.bild.html
„Brandenburgs Bildungsministerium hat eine für heute geplante Podiums-Diskussion des Landesschülerrats „aus Sicherheitsgründen“ abgesagt. Weil Linksextremisten mit Protesten drohten.
Jugendliche sollten vor der Bundestagswahl mit Vertretern der Jugend-Organisationen aller Landtags-Parteien diskutieren.
Doch die Potsdamer Autonomen-Bündnisse „Emanzipatorische Antifa“ und „NoPogida“ riefen im Internet auf, die Veranstaltung zu verhindern.
Die „Antifa“ zeigte dazu auf ihrer Facebook-Seite ein Foto vermummter Demonstranten mit brennenden Bengalos und den Hashtag „G20-Aftershow“. Begründung: Auch ein Mitglied der AfD-Jugend „JA“ sollte mitdiskutieren.“
Hamburg G20 – linksextreme Chaos-Tage
Krawalle in Hamburg. Offenbar deutlich weniger verletzte Polizisten nach G-20-Gipfel, FAZ, 15.07.2017. http://www.faz.net/aktuell/politik/inlan...l-15107559.html
„Bei den Einsätzen rund um den G-20-Gipfel wurden nach Angaben der Polizei über 470 Beamte verletzt – zwei davon schwer. […]
Die bislang von den Behörden genannte Zahl von 476 Polizisten bezieht sich demnach auf die gesamte Einsatzphase vom 22. Juni bis zum 10. Juli. Davon seien 21 Beamte so erheblich verletzt worden, dass sie am nächsten Tag noch nicht wieder diensttauglich waren. Insgesamt zwei Beamte seien schwer verletzt worden, beide gehören demnach der Bundespolizei an. […]
Dabei gingen einige Demonstranten mit Pyrotechnik, Pflastersteinen und Zwillen mit Stahlkugeln gegen Beamte vor.“
Krawalle in Hamburg G-20-Gewalt kostet Versicherer zwölf Millionen Euro, FAZ, 18.07.2017. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/g2...n-15111314.html
„Nach den Krawallen in Hamburg müssen die deutschen Versicherer nach eigener Schätzung Schäden in Höhe von bis zu zwölf Millionen Euro begleichen. Rund ein Drittel der Summe entfällt auf angezündete oder demolierte Autos. […]
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) legte am Dienstag in Berlin eine entsprechende Schätzung auf Basis der eingegangenen Schadenmeldungen vor. […]
Für Feuerschäden - etwa durch Brandsätze - an Wohnhäusern kommt die Wohngebäude- und Hausratversicherung auf. Schäden an Autos übernimmt nur die Kaskoversicherung. Für kaputte Scheiben und angezündete Fahrzeuge zahlt die Teilkaskoversicherung. Wenn Fahrzeuge durch Steinwürfe oder ähnliches beschädigt wurden, ist das laut GDV ein Fall für die Vollkaskoversicherung.“
wal: G20-Krawalle. Kanzleramt droht mit Schließung der Roten Flora, Spiegel, 23.07.2017. http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...-a-1159286.html
„"Es darf keine rechtsfreien Räume geben": Nach den G20-Krawallen hält Kanzleramtsminister Altmaier ein Ende der Roten Flora in Hamburg für möglich. Treffpunkte von Linksextremen vergleicht er mit Moscheen von Islamisten. […]
In der "BamS" forderte Altmaier zudem eine umfassende Aufklärung linksextremer Strukturen. "Es wird eine juristische Aufarbeitung geben", sagte Altmaier.“
Werner J. Patzelt: Gedanken zu den „Hamburger Krawallen“, etc.pp - Patzelts Politik, 11. Juli 2017. http://wjpatzelt.de/2017/07/11/gedanken-...rger-krawallen/
„Naiv oder verblendet muss sein, wen die „Krawalle“ um das Hamburger G20-Treffen überrascht haben. Erstens waren sie angekündigt. Wenn aber zu „Welcome to hell“ eingeladen wird, muss sich über Höllenartiges anschließend keiner wundern. Zweitens stehen die Hamburger Gewalttaten ganz in der Tradition von Straßenschlachtszenen in Frankfurt (EZB-Eröffnung), Berlin („Kreuzberger Nächte“) und in vielen anderen Städten. Überall gingen – und gehen weiterhin – schwarz verkleidete Leute ihrer Lust auf Brandstiftung, ihrem Spaß an Zerstörungen und ihrer Freude am Verletzen von Polizisten nach. Deren Entmenschlichung zu „Bullen“, auf die „natürlich auch geschossen“ werden darf, lässt sich bis zu jener Kulturrevolution von „1968“ zurückverfolgen, in deren Tradition ein Großteil der heutigen Sympathisanten solch politisch eingekleideter Straßenkriminalität steht.
Ohnehin hat es den Anschein, als träten die „Stadtguerilleros“ vom Schwarzen Block vor allem deshalb so unverschämt auf, weil sie sich getragen, geschützt und – solange sie es nicht allzu übel treiben – auch gerechtfertigt wissen vom breiten, stolz-linken „juste milieu“ unserer Republik. In dessen Kreisen betont man wortreich die edlen Ziele, derentwegen junge und jung gebliebene Idealisten auf die Straße gingen. Ihnen stellt man real Unmenschliches am Kapitalismus, Imperialismus oder Neoliberalismus gegenüber. Anschließend erklärt man zum wirklichen Verursacher von Gewalt jene wahlweise dummen, aggressiven oder ohnehin faschistoiden Polizisten, die den Idealisten böswillig in die Quere kommen. Und leider finde genau deren provozierendes Verhalten immer wieder breiten Zuspruch. Kein Wunder: In der Mitte der Gesellschaft habe sich ohnehin neuer Rechtsextremismus festgesetzt! Also brauche es vor allem parlamentarische Untersuchungsausschüsse gegen Polizei und Innenminister, fröhlichen „Rock gegen rechts“ und eine massive Aufstockung öffentlicher Mittel für linke Projekte. Denn erst nach Beseitigung aller Nicht-Linken wären die Anlässe befreiender Gewalt entfallen, könnte also überall Friede sein. […]
Wie ist das Geschehene zu verstehen? Die einen sagen: als Gegenwehr! Wäre die Polizei unsichtbar geblieben oder hätte sie sich einfach nicht eingemischt, dann wäre alles friedlich geblieben. Das mag glauben, wer die Erde für eine Scheibe hält. Doch es gibt keinen guten Grund zum Verzicht auf Erfahrungswissen aus früheren Situationen solcher Art.
Andere sagen: Würde der Staat nicht seinerseits provozieren, indem er ein G20-Treffen mitten in einer Großstadt abhält, dann wäre es nie zur Notwendigkeit solcher Sicherungsmaßnahmen gekommen, die ihrerseits begründete Empörung auslösten. Doch bei früheren Gipfeltreffen in einsamen Alpenorten oder an abgelegenen Ostseestränden setzte aktionslüsterner Tourismus genau dorthin ein. Also bleibt als Stein des Anstoßes, dass derlei Treffen überhaupt stattfinden. […]
Am besten versteht man das Geschehene anhand der Empfindungslagen und inneren Motive derer, die in Hamburg nicht nur friedlich, sondern auch gewalttätig protestiert haben. Schon auf den ersten Blick nimmt man Wut über Dinge und Machtverhältnisse wahr, die anders sind, als man sie möchte, ja sogar mit guten Gründen anders wünschte. Auf den zweiten Blick erkennt man Rechthaberei in der Sache, die auch symbolisch siegen will. Das verbindet sich oft mit moralischer Überheblichkeit, ja mit Arroganz: Wir sind nicht nur klüger als jene, die wir kritisieren, sondern wir stehen obendrein auf der richtigen Seite; und deshalb dürfen wir hier und jetzt alles das tun, was unserer Sache zu dienen scheint!
Auf den dritten Blick zeigt sich dann Lust auf praktizierte Gewalt gegenüber Gegnern, ja Selbstberauschung an plötzlicher Augenblicksmacht, und beides im Verein mit sentimentalem Reden über das eigene Tun und Empfinden. Man sieht auch Fühllosigkeit gegenüber geschädigten Anderen, gepaart mit Weinerlichkeit ob selbst erlittener Schäden. Und man stößt auf riesige politische Unbedarftheit, die sich aber besonders klug vorkommt – und gegen mögliche Herausforderungen meist durch Weghören oder ohrenbetäubende eigene Lautstärke panzert. Am Ende läuft vieles, das es zu verstehen gilt, hinaus auf martialisch maskierte Ichschwäche, auf persönliche Unreife, auf fehlende Fähigkeit zum blickerweiternden Perspektivenwechsel. […]
Vor allem aber gilt in Deutschland die von Linken ausgehende Gewalt als letztlich entschuldbar, weil sie als „Nothilfe für die Schwachen“ zu verstehen wäre oder „eigentlich“ auf einen guten Zweck ausginge. Der reicht dann von der „Kritik am Kapitalismus“ bis zum notwendigen „Kampf gegen rechts“. Die politische Grundgleichung unseres Landes lautet nun einmal seit Jahrzehnten: Links ist gut, rechts ist schlecht (siehe dazu http://wjpatzelt.de/2015/09/16/links-ist...cht-doch-warum/). Inzwischen wird diese Gleichung oft noch durch die Behauptung ergänzt, gewalttätig und links zu sein wäre ein Widerspruch, weshalb linke Gewalttäter im Grunde gar keine Linken wären, ja mit der Linken ebenso wenig zu tun hätten wie Islamisten mit dem Islam. Dennoch auf angeblich linke Gewalt hinzuweisen, lenke leichtfertig davon ab, woher wirklich Gefahr drohe: nämlich von rechts. Auf diese Weise schließen viele messerscharf, dass nicht sei kann, was nicht sein darf. […]
Wir sollten also hinterfragen, ob in unserem Erziehungswesen wirklich alles auf einem guten Weg ist. Und in die nötige gesamtgesellschaftliche Selbstkritik sollten wir einbeziehen, dass auch jene Gaffer, Hobbyfilmer und Gewaltvoyeure üble Gewächse unserer Spaß- und Eventkultur sind, welche die Kämpfe zwischen Randalierern und Polizei mit jenem schauderdurchsetzten Amüsement betrachtet haben wie die alten Römer einst ihre Tierhatzen und Gladiatorenkämpfe.
Was tun? – Natürlich muss man weiterhin auf Demonstranten hören, ihre Sorgen und Ängste zur Kenntnis nehmen, dabei das Vernünftige vom Irrationalen, das Begründete vom rein Phobischen unterscheiden. Dort, wo linke Protestierende sachlich Recht haben, muss man auf Veränderungen der kritisierten Politik ausgehen – und zwar auch dann, wenn Richtiges in falschen Worten ausgedrückt oder von unrechten Handlungen begleitet wurde. Den bloß eingebildeten Befürchtungen muss man hingegen argumentativ den Weg verstellen und darf dabei nicht den „kommunikativen Nahkampf“ mit empörten Demonstranten oder deren Sympathisanten aus Politiker- und Akademikerkreisen scheuen. […]
es muss jederzeit klar sein, dass sich beim Zusammenstoß zwischen rechtsstaatlich geführter Polizei und gewalttätigen Demonstranten nicht zwei gleichberechtigte Streitparteien gegenüberstehen. Also muss sich stets die – letztlich von demokratisch verantwortlichen Politikern geführte – Polizei durchsetzen können.
Gewalttäter müssen häufiger als bislang identifiziert und verlässlicher einer solchen Bestrafung zugeführt werden, die auch abschreckt. […]
Außerdem müssen wir auf Wege sinnen, zu besserer politischer Persönlichkeitsbildung zu gelangen. Es gilt hinzuwirken auf mehr Einfühlungsvermögen in die Sicht- und Denkweisen anderer, auf mehr Mitgefühl mit politischen Gegnern, die in einer freiheitlichen Demokratie ja gerade nicht den Status eines Feindes haben, und auf mehr Bereitschaft, Klarheit in der Sache mit Verbindlichkeit im Tonfall paaren. Die alten Römer hatten dafür den Merksatz, man solle sanft auftreten, doch seine Anliegen kraftvoll verfolgen. Wir aber neigen dazu, uns zunächst einmal rhetorisch und symbolisch aufzuplustern, anschließend aber opportunistisch zu handeln.“
Magarete van Ackeren: Die Brandstifter und die linken Biedermänner, Focus, 22.07.2017. http://www.focus.de/politik/deutschland/...id_7384267.html
„Die Exzesse von Hamburg zeigen: Die Gefahr von links außen wurde geduldet und verharmlost – auch von Parteien und Parlamenten. […]
Doch die linksradikale Szene ist seit Jahren, seit Jahrzehnten bestens bekannt. Die Front der gewaltvernarrten Staatsverächter kann sich in Deutschland auf Tausende verlassen – auf Rädelsführer, Propagandisten und Komplizen. Und sie kann sich in Parteien und Parlamenten auf Verharmloser verlassen. So wie der Brandstifter auf den Biedermann.
Egal, wie sich die verschiedenen Gruppierungen nennen: Antifa, Autonome,Schwarzer Block oder Interventionistische Linke – alle berufen sich ideologisch auf ihre sozialistischen Wurzeln. Ihr Ziel ist die Abschaffung der demokratischen Grundordnung. Ihre „natürlichen“ Feinde sind Kapitalisten, staatliche Ordnungen, Polizisten, Rechte, und wenn es drauf ankommt, alle, die sich in „ihren Kiezen“ Eigentumswohnungen leisten können. […]
In Deutschland sind die Chaoten bis ins linke Bürgertum vernetzt. So bestehen Kontakte der Antifa zu den Jugendorganisationen der Grünen, der Linkspartei, aber auch zu den Jungsozialisten, der Vorfeldorganisation der SPD.
Für Hamburgs Bürgermeister Scholz war es „unerträglich“, dass sich Mitglieder der Bürgerschaft bei Demonstrationen mit jenen unterhakten, „die am Abend vorher ganze Straßenzüge verwüstet haben“. Das Netzwerk reicht weit über die deutschen Grenzen. Laut einem Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz: „Die deutsche linksextremistische Szene unterhält grundsätzlich gute Kontakte ins europäische Ausland, welche mit regen Reise Aktivitäten deutscher Linksextremisten und einer mitunter hohen Anzahl von ausländischen Aktivisten bei Großereignissen in Deutschland einhergehen.“
Deutsche Linksextremisten lassen sich von ausländischen Randaleprofis ausbilden. Das Bundeskriminalamt (BKA) registrierte, dass zehn Tschechen an einem Camp der linken Szene unter dem Titel „Train the Trainers“ Anfang Mai in Köln teilnahmen. Für die Anreise zum Gipfel planten die zehn Osteuropäer, mit 40 weiteren Landsleuten einen Bus zu chartern.
Aber auch aus den Niederlanden, Skandinavien, der Türkei, Griechenland und weiteren Staaten lagen den Behörden Hinweise vor. Schon Wochen vor dem Gipfel warnte der Verfassungsschutz, dass „europaweite Anreisen von gewalttätigen Aktivisten aus dem Ausland“ abzusehen seien. […]
Als Prototypen linksradikaler Marodeure können die Bewohner der Berliner Rigaer Straße 94 gelten. Seit 1990 ist das Haus besetzt. Immer wieder gehört es zum Zeitvertreib der Extremisten, Polizisten mit Steinen oder Feuerwerkskörpern zu bewerfen. Verletzungen nehmen sie in Kauf. Nach einer Studie des Berliner Verfassungsschutzes sind die meisten Krawallmacher männlich (84 Prozent). Drei Viertel von ihnen sind zwischen 18 und 29 Jahre alt. Davon 35 Prozent zwischen 21 und 24 Jahre. Über 90 Prozent sind ledig. 29 Prozent haben Abitur, 38 Prozent einen mittleren Schulabschluss.
Allerdings: Tägliche Arbeit liegt den wenigsten. Die meisten sind Schüler oder Studenten (27 Prozent) oder ohne Job (34 Prozent). Bei allem idealisierten Kampf gegen das verhasste System, einen festen Rückzugsort schätzen die selbst ernannten Revoluzzer: das Hotel Mama. 92 Prozent leben noch zu Hause bei ihren Eltern. Irgendjemand muss sich ja um die alltäglichen Dinge kümmern.
Die Extremisten sind im Straßenterror trainiert. Über einschlägige Internet-Plattformen wie etwa linksunten.indymedia.org verabreden sie sich zu ihren „Kampfeinsätzen“, rufen zu Anschlägen auf, stellen Kritiker an den Pranger, geben Tipps für Angriffstaktiken („Lernt Nahkampf!“) und zum Eigenschutz.
So sollen die Chaoten „Augenspülwasser, Erste-Hilfe-Päckchen und – wichtig – die Krankenkassenkarte“ mitnehmen. Außerdem sollen sie sich ein eigenes Prepaid-Handy besorgen, nur für die Demo zur schnellen Absprache und ohne vollen Kontakte-Speicher. Auf einer Notfallliste stehen die Adressen sympathisierender Anwälte, die von der Polizei festgesetzte Gewalttäter möglichst schnell wieder aus der Haft holen.
Die Schlägertrupps haben einen definierten Kleidercode. Bei ihren Aktionen tragen die Prügler, Steinewerfer und Brandstifter schwarze Hosen und schwarze Hoodies. Etliche Verbrecher in Hamburg hatten ihre Klamotten am selben Tag im selben Geschäft gekauft. Für die Fahnder, die vor Ort versuchen, Gewalttäter zu erkennen, zu isolieren und zu ergreifen, ist es so beinahe unmöglich, die vermummten Gangster per Video zu identifizieren. Seine Straftaten plant und verrichtet der Schwarze Block arbeitsteilig – und im Kollektiv. Innerhalb des Blocks bilden sich sogenannte Bezugsgruppen mit fünf bis zehn Mann.
Die „Aufklärer“ erkunden auf Fahrrädern die Umgebung. Per WhatsApp geben sie durch, wo die Polizei stark aufgestellt ist. Die „Lieferanten“ holen aus Hinterhofbunkern Pyrobomben und Zwillen. Andere reißen Steine aus dem Pflaster, bauen Barrikaden. Ganz vorn marschieren die „Schläger“. Sie sind die, die direkt den Kampf mit Polizisten suchen. Ihnen ist klar, dass sie auch am meisten abbekommen. Per Code-Wörtern verschieben sich die Gruppen und reagieren. Die Polizeibeamten rennen hinterher. Meist erfolglos.
Die Kleingruppen tauchen im Pulk unter, nutzen friedliche Demonstranten als Schutzschilde. […]
Der Leiter der Stasi-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, verlangt: „Die Politik muss endlich aufwachen und sich intensiv um die Bekämpfung des Linksextremismus kümmern.“ Politik und Gesellschaft müssten sich mit der linksradikalen Ideologie auseinandersetzen und ihr offen entgegentreten. Die Gefahr sei jahrelang „heruntergespielt und verdrängt“ worden. Jens Gnisa, Vorsitzender des Deutschen Richterbunds, urteilt klar: „Der Staat hat die Rote Flora zu lange politisch geduldet. Dort ist offensichtlich eine Keimzelle für Gewalt entstanden. Die Chaoten haben sich daran gewöhnt, dass das Recht nicht durchgesetzt wird.“
Während die bisherige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) dreistellige Millionenbeträge für Prävention hauptsächlich gegen Rechtsextremismus mobilisierte, schwächelte sie akut, wenn es um linke Radikale ging. Laut einer Auflistung des Bundesfamilienministeriums zur Förderung von Maßnahmen im Themenfeld „Linke Militanz“ gibt der Bund 2017 zwar ein wenig mehr Geld aus als im Vorjahr. 2016 waren es 516.000 und in diesem 865.000 Euro. Aber allein an Projekte gegen Rechtsextremismus wurden im Vorjahr immerhin zehn Millionen Euro ausgezahlt. Die Antilinksaufklärung erhielt 2016 nur fünf Prozent dieser Summe.“
Stefan Laurin: Bürgerliche Linksradikale, Salonkolumnisten, 12. Juli 2017. https://www.salonkolumnisten.com/buergerliche-linksradikale/
„Die Nachsicht mit den linken Gewalttätern ergibt sich aus ihrer Herkunft. Sicher, es gibt Grüne, Linke und sogar vereinzelte Sozialdemokraten, die eine gewisse politische Nähe zu Autonomen und anderen Linksradikalen haben. Eine Nähe, die mit der Romantisierung der eigenen Jugend zu tun haben dürfte. Aber wichtiger noch ist das Wissen um die eigene Biografie. Viele, vor allem bei den Grünen, die Verantwortung tragen oder trugen und deren politische Laufbahn noch nicht in den Hinterzimmern von Kreisverbänden und Fraktionen begann, gehörten selbst einmal zur radikalen Linken: Joschka Fischer war als Sponti im Frankfurt der 70er Mitglied der sogenannten „Putzgruppe“ – Putz steht im Südhessischen für Schlägerei – und als Straßenkämpfer an zahlreichen Krawallen beteiligt. Winfried Kretschmann, der heute katholisch-biedere grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs, war Mitglied des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands (KBW), einer linksradikalen Sekte, die davon träumte, große Teile der Bevölkerung in Umerziehungslager zu stecken und die mit Mao Tse-tung einen der größten Massenmörder des 20. Jahrhunderts verehrte. Jürgen Trittin war, nach einer Odyssee durch verschiedenste marxistische Splittergruppen, wenn auch wohl nie militant, Hausbesetzer.
Sie eint das Wissen, dass nach einer radikalen, ja auch militanten Jugend, nicht nur die Möglichkeit besteht, sich wieder in ein bürgerliches Leben zu integrieren, sondern auch beeindruckende Karrieren zu machen – und dass diese Möglichkeit wohl in vielen Fällen am Anfang einer Deradikalisierung stand. Sicher, Aussteigerprogramme für Linksradikale werden kaum genutzt, aber sie sind auch nicht nötig. Aussteigerprogramme für Rechtsradikale sind in der Praxis weniger politisch denn sozialarbeiterisch angelegt: Es ist eine Legende, dass Nazis, die sich aus der Szene zurückziehen, oft bedroht werden. Sie haben andere Probleme, die in den Programmen gelöst werden sollen: Wie kann der fehlende Schulabschluss nachgeholt werden? Wie lässt sich ein Ausbildungsplatz finden? Es geht zumeist um eine Stabilisierung der Lebensverhältnisse der Aussteiger, um einen Rückfall zu verhindern. Bei Linksradikalen, die mit der Szene brechen, ist das nicht nötig: Sie gehen einfach wieder oder weiter zu Uni, jobben als Studenten oder genießen die finanziellen Zuwendungen, die für Kinder aus bürgerlichen Verhältnissen weitgehend normal sind. Die Arroganz Linksradikaler gegenüber der Polizei, die sich schon früher in Parolen wie „Bin nichts, kann nichts, gib mir eine Uniform“ ausdrückte, ist widerlich und steht im Gegensatz zum angeblichen Engagement für die Benachteiligten, denn die tragen, wie am Wochenende in Hamburg, eher Uniform als schwarze Regenjacke. Aber sie entspringt einer Herkunft, die zumeist ein Garant für ein angenehmes und der eigenen Klasse angemessenes Leben nach Ende der militanten Phase ist. […]
Auch als Ole von Beust (CDU) Erster Bürgermeister Hamburgs war, wurde die Rote Flora nicht geräumt und die CDU in Berlin räumte zwar in den 80er Jahren die Hälfte der zeitweilig 160 besetzten Häuser, die anderen wurden jedoch legalisiert. Die Hausbesetzer entstammten oft derselben Schicht wie die Christdemokraten. Bis heute bringen Hausbesetzer ein sicher auch familiär erworbenes Wissen über Immobilien mit, das vielen, die aus der Arbeiterschicht stammen, fremd ist. Dass die Besetzer des Gängeviertels in Hamburg die Grundstücke lieber kaufen wollen, statt in Erbpacht zu übernehmen, wie sie es auf einer Veranstaltung in Dortmund 2010 sagten, zeugt davon.
Im Gegensatz zu radikalen Rechten oder Islamisten sind radikale Linke in der Regel Bürgerkinder. Sie entstammen damit derselben Schicht wie Journalisten, Politiker oder hohe Verwaltungsmitarbeiter. Sie zu bekämpfen hieße für das Bürgertum, die eigenen Kinder zu bekämpfen und das trotz des Wissens, dass die Chancen gut stehen, dass aus ihnen in einigen Jahren anerkannte Mitglieder der Bürgertums werden.“
Peter Grimm: „Klirrende Grüße an die Genoss_innen“, 10.07.2017. http://www.achgut.com/artikel/klirrende_...ie_genoss_innen
„Gibt es denn noch etwas in einer G20-Nachlese zu sagen oder zu zitieren, was nicht schon laufend berichtet wurde? Die Bilder eines Mobs, der in einer Großstadt zeitweise ungestört Bürgerkrieg spielen darf, sind bekannt. Die der Kanzlerin, die beim Konzert in der Elbphilharmonie zeitgleich ganz entspannt ihre Augen schließt, ebenso. Wir haben gesehen, wie die Präsidenten Trump und Putin die Höflichkeiten vor den Kameras wie zwei Lausbuben austauschten und der türkische Machthaber Erdogan plötzlich auch nicht mehr uneingeschränkt beim Pariser Klimaabkommen mitspielen wollte.
Wir werden traktiert mit Politiker-Erklärungen, warum der G20-Gipfel nötig und auch erfolgreich gewesen sei, doch die Stimme der militanten G20-Gegner schafft es kaum bis an unser Ohr. Sicher, in Form von nonverbaler Gewaltkommunikation waren sie unüberhörbar. Aber den Genossen gelingt auch eine verbale Bilanz und die wollen wir nicht ignorieren, denn der Kampf auf den Hamburger Straßen war schließlich ein Erfolg:
Ziel des Protestes gegen den G20 war es, seine planmäßige Durchführung zu be- oder sogar zu verhindern, ihn empfindlich in seinem Ablauf zu stören oder wenigstens die Glitzershow mit ihren scheinheiligen „Familienfotos“ zu beschmutzen und den Teilnehmer*innen die ideologische Soße eines politisch substanziellen Kaffeeklatschs zu versalzen. Dieses Ziel haben wir erreicht.
So steht es in der Presseerklärung des Bündnisses „Welcome to Hell“, deshalb sind Zweifel an diesem Sieg über das Kapital auch unangebracht. […]
Aber es gibt auch in der linken Bilanz Momente der Einsicht:
Es lässt uns – bei allen Unterschieden in Nuancen der Wahrnehmung und Bewertung – natürlich nicht unberührt, wenn am gestrigen Abend in der Schanze eine Dynamik entstand, die von dort anwesenden oder wohnenden Menschen als Bedrohung wahrgenommen wurde und offenbar auch bedrohliche Situationen produziert hat.
Mit der Selbstkritik wollen es die Genossen allerdings nicht übertreiben. Es gilt schließlich, vor allem die Schuld des Klassenfeindes und seine Vorgehensweise zu entlarven:
Am Freitagabend war die Polizei offenbar tatsächlich von der Vehemenz der Auseinandersetzung überrascht und damit überfordert. Es drängte sich aber auch der Gedanke auf, dass die Gelegenheit für taktisches Agieren mehr als dankbar aufgegriffen wurde. Im martialischen Ausdruck des mit Maschinenpistolen bewaffneten SEK im Wohnviertel und inmitten teils angetrunkener Schaulustiger und in den verwendeten Bürgerkriegsmetaphern sehen wir auch Kalkül. Es könnte darum gehen, rückwirkend alle gelaufene Härte und Brutalität zu rechtfertigen und sich öffentlichkeitswirksam Rückendeckung zu holen für das, was von Politik und Sicherheitsapparat gegebenenfalls als repressive Antwort noch kommen wird.
Es könnte auch darum gehen, einen letzten präventiven Versuch der Spaltung der Bündnisse zu unternehmen und die spektrenübergreifenden Solidarität zu untergraben. Nach der großen und ausdrucksstarken Demonstration am heutigen Samstag, wagen wir jedoch weiterhin zu bezweifeln, dass das funktionieren wird.“ […]
So konnten beispielsweise die Genossen im „bullenfreien“ Rostock dem Kapitalismus ebenfalls einen entscheidenden Schlag versetzen:
Während der sehr widerständischen Tage in Hamburg, forderten die Bullen händeringend Verstärkung aus anderen Bundesländern. Die bekamen sie auch. Aus Schleswig Holstein und Mecklenburg Vorpommern wurde alles abgezogen, was noch dienstfähig war. Kleinere und mittlere Reviere wurden teilweise geschlossen und große Reviere nur mit einer Notbesatzung sich selbst überlassen. Rostock war und ist quasi bullenfrei.
Wie man der Presse (http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/108746/3679630) entnehmen kann, wurde dies anscheinend von einigen Personen ausgenutzt. „Schwarz bekleidete und vermummt“ wurden zahlreiche Schaufensterscheiben „namhafter Bekleidungsgeschäfte“ mit Brecheisen eingeschlagen. Während in Hamburg mittels Quasi-Häuserkampf der SEK-Einheiten im Schanzenviertel moderne Aufstandsbekämpfung trainiert und ausgeübt wurde, präsentierte man in der Rostocker Shoppingmeile ein adäqutes Gegenkonzept.
Wir finden die Aktion stark! Gerade im Hinblick auf die massive Repression vor und während (und nach) des G20-Gipfels in Hamburg, ist eine widerständige Praxis die passende Antwort. Es sind auch klirrende Grüße an die Genoss_innen in den Knast- oder Gewahrsamszellen in Hamburg und anderswo. Ihr seid nicht allein!
Siege über das Kapital allerorten.“
Ulf Poschardt: Gewalt in Hamburg. Die Linke, selbstgerecht wie der deutsche Spießer, Die Welt, 10.07.2017. https://www.welt.de/debatte/kommentare/a...e-Spiesser.html
„An der Gewalt in Hamburg waren alle schuld: die Polizei, die Kriminellen, die Merkel, der Scholz – nur eben nicht die Linke. Von dieser Selbstgerechtigkeit gab es nur eine überraschende Ausnahme. […]
Die Kommandanten der Freischärlergruppen haben es auch hinbekommen, zumindest über Stunden ihre Räterepublik von Gewalt und Hass aufzuziehen, und seither weiß eigentlich jeder, der es nicht schon vorher gewusst hatte, wie es sich anfühlt. Das Schwarze verbindet Faschisten, den IS und die Autonomen. Errichtet wurde eine Kathedrale der Angst.
Die Bürgerkinder der Antifa sind Teil einer linken Totalverwirrtheit, die zuletzt wie in einer brechtschen Parabel (oder doch eher von Heiner Müller?) ablief. Am Anfang stand die große Verabredung, der alte Traum der Solidarität all jener, die etwas gegen Kapitalismus, Globalisierung, Neoliberalismus und – wichtig! – gegen das „Apartheidregime“ Israel hatten. […]
Wer wissen will, wie Doppelmoral funktioniert, musste früher Chabrol-Filme gucken, jetzt muss man nur die Medien der Linken studieren.
Das politische Scheitern hat viele Gründe. Hierzulande profitieren bis hin zu den Facharbeitern fast alle vom Aufschwung. Und die, die nicht profitieren, wählen insbesondere im Osten lieber rechts als links. Zudem hat sich bei den Wirtschaftsteil lesenden Aktivisten leise die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Globalisierung eine der größten Armutsvernichtungsbewegungen der Neuzeit ist. […]
Auch wenn alle auf Katja Kipping einhacken – sie hat deutlich gemacht, dass sich die Linke nicht zwanghaft von der Militanz trennen will. Dieses Bekenntnis ist hilfreich für künftige Debatten. […]
Die Krönung waren die Tweets des heiteren SPD-Vizes Ralf Stegner, der einfach klarmachte, dass es per definitionem keine „linke“ Gewalt gebe. Gewalt wäre immer rechts. Spätestens hier endet das Brechtstück und geht es direkt los mit dem Kabarett der Selbstverleugnung.
Eher würde die aktuelle Linke die Erdkugel zu einer Scheibe erklären, als eigene Fehler einzugestehen. Sie haben nur noch die Moral, agieren als moralische Supermacht – nach dem Wegfall des klassischen revolutionären Subjekts. […]
War die revolutionäre Avantgarde zuletzt zu einer moralischen verkümmert, funktioniert die Antifa nur mehr als ästhetische Avantgarde. Noch nie sahen Linksradikale so gut aus: elegant frisiert, mit dem iPhone in der Hand und den Sneakern, die Mama mit dem letzten Fresspaket eingepackt hat.““
André Bochow: Hintergrund: Friedlich oder mit der Faust?, Südwest Presse, 22.07.2017. http://m.swp.de/ulm/nachrichten/politik/..._-15469030.html
„Das Verhältnis von Sozialisten und Kommunisten zur Gewalt ist facettenreich.
Unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges veröffentlichte die Sozialistin Rosa Luxemburg im Dezember 1918 die Schrift „Was will der Spartakusbund?“ Luxemburg setzt sich auch mit der Gewaltfrage auseinander. „Die proletarische Revolution bedarf für ihre Ziele keines Terrors, sie hasst und verabscheut den Menschenmord“. Nur, fügt sie hinzu, sei es „ein toller Wahn“ zu glauben, die „imperialistische Kapitalistenklasse“ würde freiwillig das Feld räumen. Daraus folgerte Luxemburg, dass der Widerstand jener Klasse, die dem Sozialismus im Weg steht „Schritt um Schritt mit eiserner Faust und rücksichtsloser Energie gebrochen werden“ muss. Der Gewalt der bürgerlichen „Gegenrevolution muss die revolutionäre Gewalt des Proletariats entgegengestellt werden“. […]
Für die Gewaltausbrüche an anderer Stelle nimmt auch der Hamburger die herrschenden Politiker in Haftung. „Ich glaube, dass der Senat hier genau die Gewaltbilder provozieren wollte, die er wochenlang an die Wand gemalt hatte“, meint Aken. Rosa Luxemburg hätte es nicht anders gesehen.
Wenn es um revolutionäre Gewalt im Ausland geht, dann löst sich bei vielen Linken der hierzulande gelebte Pazifismus schnell auf. Bewaffnete Kämpfe gegen Diktatoren oder den US-Imperialismus wurden von praktisch allen Quell-Parteien der Linkspartei unterstützt. Und „Cuba Si“, die Arbeitsgemeinschaft beim heutigen Parteivorstand, hält die Verfolgung von Dissidenten in Kuba für ein „Medienspektakel“.“
https://www.youtube.com/watch?v=-fi2wt1OeeQ
Wolfgang Bosbach über den linksextremen Terror in Hamburg, 08.07.2017
„Klarer Kommentar von Wolfgang Bosbach am 8.7.2017 über die terroristischen Ausschreitungen von linksextremen Gewalttätern beim G20-Gipfel in Hamburg: Es werde in Deutschland bei links- und rechtsextremer Gewalt mit zweierlei Maß gemessen. Es gebe kein konsequentes Durchgreifen bei linksextremen Gewalttätern und es würden die linken Unterstützer-Organisationen sogar politisch hofiert.“
https://www.youtube.com/watch?v=FvgB6PJnZCs&app=desktop
"Nach Hamburg und G20 - Sind wir auf dem linken Auge blind?" - Peter Hahne vom 15.07.17
https://www.youtube.com/watch?v=VxcShR4qbMo
„Claus Strunz spricht Klartext zum G20 Gipfel. Linksextreme sind gefährlicher als Rechstextreme.“
Ja zum Gipfel, nein zum Extremismus, bkz, 26.07.2017. http://www.bkz-online.de/node/1060816
„In einem anderen Punkt weiß Olaf Scholz dafür sehr genau, was zu tun ist: „Wir brauchen eine klare Distanzierung von gewalttätigem Extremismus.“ Es dürfe nicht sein, dass linke Kreise den Chaoten mit Verständnis oder Nachsicht begegnen. Gleichzeitig müsse man die Täter hart bestrafen. Dass zurzeit 51 Randalierer von Hamburg in Untersuchungshaft sitzen und gegen viele weitere Strafverfahren laufen, sieht Olaf Scholz deshalb als wichtiges Signal: „Die Leute müssen wissen, dass sie nicht ungeschoren davonkommen.“
Die Innere Sicherheit dürfte auch im bevorstehenden Bundestagswahlkampf ein zentrales Thema sein.“
Liane Bednarz: Wer politische Doppelmoral an den Tag legt, verliert. Egal, ob konservativ oder links, causa.tagesspiegel, 12.07.2017. https://causa.tagesspiegel.de/kolumnen/l...oder-links.html
„Sowohl Linke als auch Konservative glänzen in Doppelmoral. Ein Plädoyer gegen politische Scheinheiligkeit anlässlich der Krawalle in Hamburg. […]
Vorweg gesagt: Das, was folgt, ist keine Gleichsetzung der linksextremen Gewaltexzesse mit Fehlverhalten im konservativen Lager. Wirklich null. Es geht mir einzig und allein um Mechanismen, die man in der Psychologie "confirmation bias" nennt. Es sind Mechanismen, die überhaupt erst zu meiner kritischen Auseinandersetzung mit konservativen und später dann mit rechtskatholischen Milieus geführt haben. Die meine Irritation hervorgerufen haben. Und die ich nun wieder am Zuge sehe, dieses Mal aber von links und in hundertfach verwerflicherer Weise, denn dieses Mal geht es um nackte Gewalt. […]
Ich habe mir die "Welcome to hell"-Demo Donnerstag Abend angesehen und hatte schon da ernsthaft Angst. Vor meinen Augen haben sich Menschen vermummt, vor mir flogen Rauchbomben, neben mir fuhr der Wagen der Veranstalter. Der Redner auf diesem schrie "Schweinesystem" ins Mikro, rief zum "unversöhnlichen Zeichen des Widerstands" auf. Mich schauderte, mir war klar, dass das nicht gut ausgehen würde. Das Ausmaß, was dann folgte, hat mich dennoch geschockt. Marodierende Linksextremisten des "Schwarzen Blocks" in Hamburg. Videos, in denen sie Autos anzünden, Geschäfte plündern. Rohe, nackte Gewalt. Ich dachte, ebenso naiv wie damals in anderen Kontexten, dass nun doch die Linke insgesamt so entsetzt sei, dass sie gewiss thematisieren werde, was da eigentlich schief läuft in einem Teil ihres Denkmilieus. Dass sie sich davon ebenso abgrenzen werden wie ich und viele andere das seit Jahren gegenüber Rechtsradikalen, also selbst Leuten unterhalb der Extremismusschwelle, tun. Und wenn schon nicht das, dass sie doch nicht irgendwelche Ablenkungsmanöver starten werden. Ich wurde massiv eines Besseren belehrt und das wiegt umso schwerer, als es dieses Mal eben nicht um eine Doktorarbeit oder Verschwendungssucht eines Bischofs, sondern um brutale Gewalt geht.
Klare Statements von Linken gegen dem linken Terror in Hamburg sind bis heute in der Minderzahl, auch wenn sie erfreulicherweise zunehmen. Lieber lenkt man die Aufmerksamkeit auf das angebliche Fehlverhalten der Polizei, das es im Einzelfall sicherlich gegeben haben mag, aber doch nicht flächendeckend. Und schon gar nicht kann ein solches die Gewalt rechtfertigen, die sich gegen Autos und Läden richtete und sicherlich nicht wenige Menschen in finanzielle Nöte gestürzt hat. […]
Mich haben x Leute, die eher links sind, in den letzten Tagen entfolgt und entfreundet.“
"Welcome to Hell"-Krawalle. Attac sieht keine Schuld bei Demonstranten, Deutschlandfunk, 10. Juli 2017. http://www.deutschlandfunk.de/welcome-to...ticle_id=390641