Presse und Internet - Linksextremismus und linksextreme Militanz sowie angrenzende Themen
zusammengestellt am 10.08.2016
Linksautonome Gewalt. Eine Erklärungsskizze, etc.pp - Patzelts Politik, 21. Juli 2016. http://wjpatzelt.de/?p=907
„Wenn von linker Gewalt die Rede ist, kommen unweigerlich die „Autonomen“ in den Sinn, der „Schwarze Block“ bei linken Demonstrationen, meist gut erkennbar an schwarzen Kapuzenpullis und am uniformierenden Tragen von Sonnenbrillen selbst bei schlechtem Wetter. Vermummt also, entindividualisiert, stark als Menge, aus ihr heraus oft gewalttätig.“
Für Radikalität, gegen Gewalt! , etc.pp - Patzelts Politik, 21. Juni 2016. http://wjpatzelt.de/?p=871
„Heute dokumentiere ich den Vortrag, den ich am 15. Juni in Regensburg hielt. So kann sich nun jeder ein Bild davon machen, wie angemessen jener wackere Widerstand wohl war.
Zur Praxis dieses Rumorens sei im Übrigen angemerkt, dass niemand auf meine Antwort zu jenem „Offenen Brief“ reagierte; dass eine Vorab-Besetzung des Hörsaals angekündigt war, in dem ich sprechen sollte (was durch die Fachschaft Politikwissenschaft verhindert wurde); dass dann – bei insgesamt wohl 180 Hörern – etwa ein Dutzend junger Leute (die Männer davon mit Bierflaschen versehen) anfangs mit Klatschen und Stühleklappen zu stören, dann durch Hochhalten von Schildern sich bemerkbar zu machen versuchten; dass gegen Ende meines Vortrages Sprechquintette wie „Nazis vertreiben, Refugees bleiben!“ ertönten (und von manch anderen mit so etwas wie „Dummheit raus!“ quittiert wurden); und dass keiner von den Aufbegehrenden nach meinem – im Wesentlichen störungsfreien – Vortrag zur Diskussion blieb. Welch ein erhabenes Beispiel demokratischer Diskussionskultur wurde da von den „Kämpfern gegen Rechts“ beschert!
Angefügt sei, dass ich mich natürlich auf einen derartigen Verlauf der Veranstaltung eingestellt, ja bereits das Thema des Vortrags entsprechend formuliert hatte: „Für Radikalität, gegen Gewalt!“. Zumal im Abschnitt III spielte ich – ein schönes Wort von Karl Marx umsetzend – den Verhältnissen ihre eigene Melodie vor und brachte sie dadurch zum Tanzen, hier also: zum Wiederaufleben vorher eingeschlafenen Protestgehabes. Insofern war die ganze Veranstaltung ein Lehrstück – und passte, mitsamt seinem Vorspiel, bestens an ein Institut für Politikwissenschaft. Und wer nun auch noch wissen will, was ich meinerseits zu diesem Lehrstück beizutragen hatte, braucht bloß den nachstehenden Vortragstext zu lesen. […]
Man muss Diskurse über – echte oder eingebildete – Probleme herbeiführen, Debatten über Verursachungszusammenhänge von Problemen organisieren, Streit über Problemlösungsmöglichkeiten zulassen. An deren Ende müssen Entscheidungen darüber stehen, was nun zu unternehmen ist. Diese gestaltet man plausiblerweise als Mehrheitsentscheidungen, weil auf diese Weise Chancen auf größtmögliche Meinungs- und Interessenberücksichtigung bestehen. Und natürlich gehört zum Mehrheitsprinzip immer auch der Minderheitenschutz. Getragen werden muss dieser Politikansatz von einer Grundhaltung dahingehend, dass man sich immer wieder neu aufs Lernen einlassen muss – aus Versuchen und Irrtümern, und aus Korrekturen des Versuchten, die auch nicht immer zielführend sein werden.
Der Name eine politischen Systems, das nach diesen – und freilich auch einigen weiteren – Regeln funktioniert ist pluralistische Demokratie.“
Regensburger Rumoren, etc.pp - Patzelts Politik, 10. Juni 2016. http://wjpatzelt.de/?p=847
„Für den kommenden Mittwoch, 15. Juni, hat mich die Fachschaft Politikwissenschaft der Universität Regensburg im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe „Gewalt und Politik“ zu einem Vortrag an der dortigen Universität eingeladen. Mein Thema lautet: „Für Radikalität, gegen Gewalt! Vom Wert der pluralistischen Demokratie”.
Hier ist das Abstract meines Vortrags:
„Unter Menschen ist es recht selbstverständlich, unterschiedlicher politischer Meinung zu sein. Nicht selbstverständlich ist es aber, dass ein Staat oder eine Gesellschaft offenen politischen Streit auch zulässt und gewährleistet, dass jeder seine Meinung frei von Angst vertreten kann. Das ist der ganz besondere Wert pluralistischer Demokratie. Gerade sie, auch wenn sie leider nur selten in Geschichte und Gegenwart vorkommt, macht Staaten und Gesellschaften lernfähig, indem sie Kritik an den herrschenden Verhältnissen ermöglicht und nicht bloß die Affirmation des Bestehenden verlangt. In einer pluralistischen Demokratie ist außerdem Platz für inhaltliche Radikalität aller Art – und eben nicht nur für Mäßigung, Besonnenheit und politisch korrekte Vorsicht. Die einzige Grenze zieht allem Streit die Achtung der Menschenwürde, gerade auch der des Gegners. Gewalt aber zielt am Geist des Anderen vorbei auf dessen Gefühle und oft auch Körper – und entwürdigt ihn eben dadurch im Kern seiner Persönlichkeit. Also muss politischer Streit gewaltfrei bleiben, falls man die so selten erlangbaren Vorteile pluralistischer Demokratie nicht aufs Spiel setzen will.“
Gegen diesen Vortrag regte sich nun schon vor Wochen Widerstand. Er verdichtete sich in einem mit Datum vom 9. Juni an mich gerichteten „Offenen Brief“ der folgenden Unterzeichner:“
Studie zu Linksextremismus „Linke verstehen es ihre Gewalttaten gut zu vermarkten“, ksta, 27.07.16. http://www.ksta.de/politik/studie-zu-lin...rkten--24464042
„„Bei vielen Linksextremen vermischt sich Israel-Kritik mit dem immer noch weit verbreiteten Klischee, dass Juden in aller Regel Vertreter des raffenden Kapitals sind“, sagt der Studienautor und Professor für Politikwissenschaften, Klaus Schroeder, dieser Zeitung. […]
Der Forscher warnt: „Linksextreme übersäen ihre Feinde mit Hass. Viele glauben so fest daran, einen übergeordneten, revolutionären Auftrag zu haben, dass sie Gewalt für gerechtfertigt halten.“ Falsch sei dabei auch die althergebrachte Unterstellung, Linke übten im Zweifel nur Gewalt gegen Sachen aus, während Rechte Personen angriffen, fügt er hinzu.
Die Wissenschaftler um Schroeder führen ihre Argumentation so: Die polizeiliche Statistik verzeichne seit dem Jahr 2009 mehr Körperverletzungen durch Linksextremisten und andere Linke als durch Rechtsextremisten und Rechte. Viele Gewalttaten würden letztlich der nichtextremistischen Linken zugeordnet – ohne dass öffentlich thematisiert würde, wer diese Gewalttäter seien. Die dahinter stehende Befürchtung: Das Linksextremismus-Problem werde so unterzeichnet. […]
Und Schroeder ergänzt: „Linken verstehen es ihre Gewalttaten oft gut zu vermarkten.“ Damit spielt er nicht zuletzt auf das Thema des Kampfes gegen Gentrifizierung in großen Städten an. Der Wissenschaftler sagt etwa zu den Auseinandersetzungen um die Rigaer Straße in Berlin: „Hier findet beim harten Kern der gewaltbereiten Linksextremisten eine Entmenschlichung in der Argumentation statt, in der die Verletzung des Polizisten nur noch als Sachschaden gesehen wird.““
Dietmar Ostermann: Analyse. Linksextremisten sind ähnlich gewaltbereit wie Rechte, Badische Zeitung, 05. August 2016. http://www.badische-zeitung.de/deutschla...-125743892.html
http://www.badische-zeitung.de/deutschla...-125743892.html
„Hass und Gewalt kommen auch von links: Eine Studie zeigt erstaunliche Schnittmengen mit Rechten. So beklagen Linke ebenfalls den Einfluss der Juden – wenn auch aus anderen Gründen.
Linksextremisten führen in Deutschland ein Schattendasein. Obwohl sie laut aktuellem Verfassungsschutzbericht mehr politisch motivierte Gewalttaten (2015: 1608) begehen als Rechtsextremisten (1408), kommen sie in der öffentlichen Wahrnehmung kaum vor. Überfälle von rechten Gewalttätern auf Flüchtlingsheime oder islamistische Anschläge dominieren die Schlagzeilen. Vor Linksextremen fürchtet sich im bürgerlichen Mainstream kaum jemand – und mit ihnen befasst man sich nur ungern.
Letzteres gilt auch für die Forschung. Insofern liefert eine jetzt vorgelegte Studie über "Linksextreme Haltungen und Feindbilder" vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin eine aufschlussreiche und teils überraschende Lektüre. Gründlich demontiert wird da etwa die verbreitete Annahme, dass es linksextreme Gewalt in Deutschland vor allem deshalb gibt, weil ein paar übers Ziel hinausschießende Antifaschisten dem rechten Mob handfest etwas entgegensetzen wollen.
Denn Linksextremisten bekämpfen laut Studienautor Klaus Schroeder mit wachsender Gewaltbereitschaft nicht nur Rechtsextremisten. Sie kämpfen gegen die gesamte politische und wirtschaftliche Ordnung, die sie revolutionär beseitigen wollen. Linksextreme Gewalt richtet sich demnach gegen Systemträger des "Unterdrückerstaates" wie Polizisten, gegen Kapitalismus-Symbole wie Banken oder Immobilienmakler, gegen politische Gegner wie AfD-Mitglieder oder Burschenschaftler – und selbst gegen Linke, sofern die sich von Gewalt distanzieren. "Auch Linksextreme versprühen Hassbotschaften ohne Ende. Es gibt Morddrohungen von ihnen auch gegen grüne oder linke Politiker. Sie gehen gegen alle vor, die nicht so funktionieren, wie sie das wollen", sagt Schroeder. […]
Heftig kritisiert er indes, dass viele Bürger linksextremer Gewalt gleichgültig gegenüber stünden oder sogar Sympathien hegten. "Rechte Gewalt wird stigmatisiert und ausgegrenzt. Auf der anderen Seite findet das nicht statt." Dabei könne auch linke Gewalt nur eingedämmt werden, wenn man sie gesellschaftlich isoliere.“
Christine Auerbach: Die Frage. Warum wird man radikal?, Bayern 3 Puls, 01.08.2016. http://www.br.de/puls/programm/puls-radi...dikal-102.html#
„Brüssel, Nizza - jetzt Würzburg und Ansbach: Der Terror ist bei uns angekommen. Immer öfter schlägt Hass in Gewalt um. Von Islamisten, aber auch von Neonazis. Die Frage sucht Antworten, warum viele gerade immer extremer werden.“ (Audio)
Cemil Şahinöz: Radikalisierung. Warum werden Jugendliche radikal?, islamiq.de, 07.08.2016. http://www.islamiq.de/2016/08/07/warum-w...dliche-radikal/
Es gibt viele Faktoren, warum sich Menschen – vor allem Jugendliche – radikalisieren[1]. Egal ob rechter, linker oder religiöser Fanatismus, die Muster scheinen jedoch gleich zu sein. Die Forschungs- und Beratungsstelle Terrorismus / Extremismus (FTE) des Bundeskriminalamtes stellt fest, dass rechts-, links- und religiösextreme in ihrer Radikalisierung die gleichen Muster (z.B. kaputte und schwierige Familien, Trennungen, Todesfälle, Alkohol, Drogen, Gewalt, Belastungen in der Kindheit, Probleme in der Schule, keine abgeschlossene Ausbildung) aufzeigen und kommt daher zum Schluss: „In welchem Extremismus diese Personen […] landen, ist letztlich reiner Zufall. Überspitzt gesagt: Ein Islamist aus Dinslaken hätte in Sachsen genauso gut ein Rechtsradikaler oder in bestimmten Stadtteilen Berlins oder Hamburgs ein Linksradikaler werden können“[2]. Daher sind auch die Rattenfängermethoden dieser Gruppierungen identisch. Jugendliche werden mit offenen Armen empfangen. Die Muster sind gleich. Nur Namen, Begriffe und die Semantik ändern sich. […]
Die Faktoren zur Radikalisierung von Jugendlichen sind soziologischer und psychologischer Natur. Suche nach Sinn, Anerkennung, Geborgenheit, Vertrauen, Fürsorge, Sicherheit, Liebe, Wir-Gefühl, Klarheit, Einfachheit, Reduzierung der Komplexität, Gerechtigkeit und gefestigter Identität sind entscheidende Gründe, warum sich Jugendliche radikalisieren. Vor allem der Gerechtigkeitssinn und die Identitätssuche sind einflussreiche Faktoren.“
Extremismus. Schwesig will Prävention gegen Radikalisierung von Flüchtlingen fördern, Die Welt, 30.07.16. http://www.welt.de/newsticker/news1/arti...n-foerdern.html
„Eine "Turboradikalisierung" junger Muslime sei wenig wahrscheinlich, sagte der Leiter der Beratungsstelle Radikalisierung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Florian Endres, AFP. "Es gibt natürlich Radikalisierungsprozesse, die sehr schnell verlaufen, beispielsweise binnen Wochen oder Monaten." Dass sich jemand aber innerhalb von zwei Tagen "von einem wenig gläubigen Muslim zu einem dschihadistisch motivierten Attentäter wandelt", sei aber "unwahrscheinlich".
Ein typisches Profil eines radikalisierten Menschen gebe es nicht. "Wir haben Zwölf- bis 20-Jährige, Jugendliche mit Studienplatz und einem scheinbar perfekten Familienumfeld, aber auch solche, die keinen Schulabschluss haben oder sogar obdachlos waren", sagte Endres.“
Extremismusprävention. Radikalisierung im Keim ersticken, mdr, 19. Juli 2016. http://www.mdr.de/nachrichten/politik/in...hwesig-100.html
„Für diese manchmal so belächelte Präventionsarbeit, wie Schwesig sagt, hat sie gerade vom Finanzminister viel Geld bekommen. Im Bundeshaushalt 2017 wurde der der Posten verdoppelt – von 50 auf 100 Millionen Euro. Der Familien- und Jugendministerin geht es nun darum, gemeinsam mit ihren Länderkollegen herauszufinden, für welche Projekte das Geld eingesetzt werden soll. Jugendliche radikalisieren sich selten von Null auf Hundert, sagt Timo Reinfrank von der Amadeu Antonio-Stiftung, sondern "es gibt Hinwendungsprozesse zum Rechtsextremismus, zum Islamismus, das kann man gerade in den sozialen Netzwerken sehr gut beobachten. Da müssen wir stärker darüber nachdenken, wo es Möglichkeiten zur Intervention gibt, dass wir viel stärker mit ihnen arbeiten müssen, dass die Zivilgesellschaft in die Flüchtlingsunterkünfte rein muss und dass wir die auch mehr öffnen müssen."“
Nach Anschlägen: Beratungsstelle zu radikalisierten Jugendlichen häufiger gefragt, Badische Zeitung, 10. August 2016. http://www.badische-zeitung.de/deutschla...-125911507.html
„Mehr Koordination lautet das Zauberwort. "Zuständig für Maßnahmen der Prävention und Deradikalisierung sind primär die Länder und Kommunen", teilt das Bundesinnenministerium zwar einerseits mit, doch verweist es zugleich auf die verschiedenen Gesprächsformate, die die verschiedenen Anstrengungen zusammenführen sollen. Seit 2009 tauschen sich die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern darüber aus, was präventiv gegen die Ausbreitung des islamistischen Extremismus getan werden kann – die Arbeitsgruppe Deradikalisierung ist Teil des gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums in Berlin. […]
"Prävention und Demokratieförderung schaffen Sicherheit", sagt die zuständige Ministerin Manuela Schwesig angesichts der islamistischen Terrorgefahr: "Wir müssen da ansetzen, bevor etwas passiert – es geht um Graswurzelarbeit, in den Kommunen und Landkreisen, in den Vereinen und Verbänden sowie in den Schulen."“
Mit der freiwilligen Feuerwehr gegen Extremismus, Deutsche Welle, 13.07.2016. http://www.dw.com/de/mit-der-freiwillige...smus/a-19398283
„Während Linksextremisten Polizisten angreifen und Autos in Brand setzen, richten Rechtsextremisten ihre Gewalt vor allem gegen Flüchtlinge und Ausländer. Besonders im Internet sind täglich neue Bedrohungen, Nötigungen, Verunglimpfungen, extremistische Inhalte sowie unverhohlene Aufrufe zu Straf- und Gewalttaten festzustellen. Zunehmend kursieren "Hasslisten", in denen die Namen, Adressen und Arbeitgeber von Personen aufgeführt sind, die sich gegen Extremismus einsetzen. Auch Journalisten und Politiker, die Stellung beziehen, werden bedroht und tätlich angegriffen. […]
Daher soll Geld auch in Vereine und Einrichtungen fließen, "bei denen man nicht sofort darauf kommen würde, dass sie der Hort für politische Bildung sind", formuliert der Bundesinnenminister. Beispiele seien der Kreissportverband oder die freiwillige Feuerwehr. Sie sollten Demokratietrainer einstellen, "um zu verhindern, dass Extremisten die Vereine unterwandern". Insgesamt richte sich Demokratieförderung aber nicht gegen irgendeinen Extremismus, sondern darauf, Stärke zu entwickeln, "dass man für welchen Extremismus auch immer gar nicht mehr anfällig ist", betont de Maizière. […]
Außerdem soll die Strategie in einen "Nationalen Aktionsplan" gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit münden.“
dpa: Extremismus. SPD-Politiker Ralf Jäger fordert Schutz vor Islamismus, Berliner Morgenpost, 30.07.2016. http://www.morgenpost.de/politik/article...Islamismus.html
„Dabei hat der Bund längst die Fördermittel von 40,5 Millionen auf 50,5 Millionen Euro in diesem Jahr erhöht. Allerdings lag der Fokus bisher vor allem auf den Kampf gegen Rechtsextremismus und militante Linke. Auf Maßnahmen gegen den gewaltbereiten Islamismus entfallen bisher jährlich zehn Millionen Euro.
Schwesig zufolge werden zwei Drittel der Gelder an feste Strukturen gegeben. Dazu gehören bundesweite Träger und die Demokratiezentren in den 16 Bundesländern. Daneben steckt der Bund Geld in Modellprojekte. Auch das Innenministerium gibt zwölf Millionen Euro für ein eigenes Programm aus.“
Interviews Alexander Ritzmann: Was alle Extremisten vereint, Inforadio, 05.08.2016. http://www.inforadio.de/programm/schema/...8/05/45949.html
„Extremistische Gewalt in Deutschland hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen und zwar auf allen Seiten. Heiner Martin sprach mit dem Extremismus-Experten Alexander Ritzmann darüber, was alle Extremisten - trotz aller inhaltlichen Unterschiede - vereint: eine "Anti-Haltung" gegenüber dem bestehenden System. Gleichzeitig möchte jede Ideologie am Ende ihre eigene Utopie, ihre "perfekte Welt" - ob das jetzt das kommunistische Paradies ist, das "völkische" Paradies oder das Kalifat.“
Andreas Wirsching: Extremismus. Die westlichen Demokratien dürfen sich nicht zu sicher fühlen, SZ, 7. August 2016. http://www.sueddeutsche.de/kultur/essay-...krieg-1.3111325
„Es gibt eine aus der Geschichte bekannte Konstellation, die für eine Demokratie besonders gefährlich ist. Sie entsteht dann, wenn sich auf ihrem Boden extremistische Kräfte bilden, die sich einerseits gegenseitig bekämpfen, die am Ende aber auch die Demokratie selbst treffen wollen. Fast alle europäischen Demokratien in der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg sahen sich einem solchen Zweifronten-Konflikt gegenüber.
Das gleichzeitige Aufkommen starker kommunistischer und extrem nationalistischer Bewegungen erzeugte eine latente Bürgerkriegsatmosphäre und verengte den Handlungsspielraum der Demokraten. Zugleich brachte dies vor allem auf Seiten der politischen Rechten neue Gefahren mit sich: die Versuchung nämlich, aus der Konstellation Kapital zu schlagen und mit Extremisten zum Zwecke der eigenen Machterweiterung zu kollaborieren. […]
Zugleich steigt die Gefahr des Extremismus. Historisch betrachtet, schlägt seine Stunde vor allem dann, wenn drei Voraussetzungen zusammenfallen: wenn - erstens - Identitäten noch nicht gesichert sind oder erst etabliert werden müssen; wenn - zweitens - bestehende Identitäten kultureller Veränderung ausgesetzt sind und damit als akut bedroht empfunden werden; und wenn - drittens - zur Identitätsunsicherheit ökonomisch begründete, soziale Statusunsicherheit tritt.
All das ist in den westlichen Demokratien seit den Achtzigerjahren der Fall, in jüngster Zeit jedoch verstärkt wirksam. […]
Und so befinden sich die westlichen Demokratien das erste Mal in der Geschichte der Nachkriegszeit in einem internen Zweifrontenkonflikt, in dessen Verlauf sie von mehreren Seiten propagandistisch angefeindet, aber auch in der Wahlkabine delegitimiert zu werden drohen. Am dramatischsten ist die Situation derzeit in Frankreich, wo sich auf der Basis einer universalistisch verstandenen Demokratie Parallelgesellschaften etabliert haben; wo viel von der "intégration ratée" die Rede ist; wo der Terror vermehrt zuschlägt; wo gesellschaftliche Verlustängste grassieren; und wo inzwischen jeder Dritte seine Stimme dem rechtsextremen Front National geben würde.
Statt von einem globalen Zeitalter der Demokratie zu reden, das nach 1989 für einen Augenblick auf der Tagesordnung zu stehen schien, müssen wir längst eher eine Gefährdung auch der westlichen Demokratie im globalen Zeitalter feststellen. […]
Demokraten und der Demokratie verpflichtete Medien sollten daher auch keinen allzu großen Ehrgeiz entwickeln, mit den Feinden der Demokratie zu "diskutieren", sie zu "verstehen". Denn alle historische Erfahrung zeigt: Feinde der Demokratie sind Demokratiefeinde auch deswegen, weil sie sich hinter einer Realitätsverweigerung verschanzt haben. Propagandistisch gefangen in einem Weltbild, das nur noch Freund und Feind kennt, entziehen sie sich dem rationalen Argumentieren und dem ihm zugrunde liegenden Erfahrungswissen. […]
Ferner müssen die demokratische Exekutive und Judikative gestärkt werden, denn gerade in Zeiten der Radikalisierung und Unsicherheit ist für eine Demokratie kaum etwas wichtiger als die glaubwürdige Aufrechterhaltung ihres staatlichen Gewaltmonopols. Und zu guter Letzt sollte die Politik Feindbildkonstruktionen bekämpfen - und sich nachdrücklich dazu bekennen, dass es in der Demokratie meist keine einfachen Antworten gibt, aber dass sie die verfassungsgemäße Form der Freiheit ist.“
Gewaltdebatte
Reimar Paul: Kommentar Linke Gewalt. Mit den Methoden der Gegner, taz, 4. 8. 2016. https://www.taz.de/!5323836/
„Das Auftreten von Neonazis in Niedersachsen ist unerträglich. Sie mit Beilen zu attackieren, ist jedoch unzulässig und kontraproduktiv.
Die lange Zeit scheintote NPD im Kreis Göttingen hat sich reorganisiert, ein sich selbst so nennender „Freundeskreis Niedersachsen/Thüringen“, in dem NPD-Leute, Mitglieder neonazistischer Kameradschaften, rechte Burschenschaftler und verurteilte Schläger mitmischen, überzieht die Region mit Kundgebungen. Die dabei verbreitete Hetze gegen Flüchtlinge, Politiker und Linke ist unerträglich. Am vergangenen Sonntag drohte der „Freundeskreis“ in Göttingen seinen Gegnern an, bald werde Blut fließen.
Dass diesen Veranstaltungen in der Universitätsstadt und auch auf dem Land massiver Widerstand entgegenschlägt, ist gut und richtig – Ordnungswidrigkeiten und Regelüberschreitungen wie Sitz- und Treckerblockaden eingeschlossen. Auch gegen eine handfeste Abreibung für Rechtsextremisten oder Farbeierwürfe auf die protzigen Villen der schlagenden Verbindungen ist nicht allzu viel einzuwenden. Solche Aktionen werden denn auch weit hinaus über das harte Antifa-Spektrum, für das Göttingen durchaus bekannt war und ist, mit klammheimlicher Freude goutiert.
Nächtliche Angriffe mit Beilen auf die Häuser der Rechten aber gehen eindeutig zu weit. Auch wenn – wie am vergangenen Wochenende – niemand dabei verletzt wurde und sich der Sachschaden in Grenzen hielt: Solche Übergriffe wecken Assoziationen an die Untaten und die Geisteshaltung derer, die man doch eigentlich bekämpft.
Außerdem sind bewaffnete Angriffe in jeder Hinsicht kontraproduktiv: Weil sie keinen Hardcore-Nazi von seinem Denken und Treiben abbringen werden.“
https://www.taz.de/Polizei-klagt-ueber-B...echts/!5324092/
https://www.taz.de/Linke-vereint-gegen-R...treme/!5303188/
Antifa Göttingen: [Goe] "Freundeskreis Thueringen/Niedersachsen" -- keine rechte Propaganda ohne Reaktion, linksunten.indymedia, 01.08.2016. https://linksunten.indymedia.org/de/node/186440
„Wir haben am Sonntag das Haus von Karlheinz Weißmann in Nikolausberg bei Goettingen angegriffen, um zu signalisieren: jeder Versuch aus den Demonstrationen politisches Kapital zu schlagen, wird durch eine entsprechende Aktion zu nichte gemacht. […]
Er mag kein rechter Staßenschlaeger sein, im Geiste ist er aber mit dem "Freundeskreis T/H" verwandt und sorgt mit seinen Publikationen für eine voelkische Stimmung in Deutschland.“
ho: „taz“ hat gegen linke Gewalt „nicht allzu viel einzuwenden“, Junge Freiheit, 5. August 2016. https://jungefreiheit.de/politik/deutsch...el-einzuwenden/
„Die linksalternative taz hält politische Gewalt gegen Andersdenkende für akzeptabel. „Gegen eine handfeste Abreibung für Rechtsextremisten oder Farbeierwürfe auf die protzigen Villen der schlagenden Verbindungen“ sei „nicht allzu viel einzuwenden“, heißt es in einem Kommentar des Blattes.
Autor Reimar Paul schreibt neben der taz auch für den Berliner Tagesspiegel, die Zeit sowie für Nachrichtenagenturen. Sein Kommentar bezog sich auf Anschläge von Linksextremisten auf die Privatwohnungen von mutmaßlichen Rechtsextremisten in Niedersachsen. In den Gemeinden Einbeck und Hardegsen hatten Anhänger der linken Szene mit Beilen die Türen und Fenster mehrere Wohnungen eingeschlagen. […]
Dieser hat auch ansonsten ein merkwürdiges Verhältnis zu Straftaten. Es sei gut, daß mutmaßlichen Rechtsextremisten in Göttingen „und auch auf dem Land massiver Widerstand entgegenschlägt“, lobt Paul und ergänzte: „Ordnungswidrigkeiten und Regelüberschreitungen wie Sitz- und Treckerblockaden eingeschlossen.“ Die Axt-Angriffe allerdings gingen laut Paul zu weit.“
Internetkontrolle
Don Alphonso: Säuberung und gelenkte Meinungsfreiheit im Social Media Gulag, blogs.faz.net, 5. August 2016. http://blogs.faz.net/deus/2016/08/05/gel...dia-gulag-3637/
„Nun – es ist so weit. Facebook hat ausgerechnet die Seite des hedonistisch-antideutschen Hate Magazins platt gemacht. Das Hate Magazin ist eine kleine, popkulturelle Publikation aus Berlin, die eigentlich voll auf der Linie linker Zeitgenossen liegen sollte: Sie spricht sich gegen rechten Hatespeech aus, lehnt Grenzen und Nationen eher ab, berichtet viel über Menschenrechte und macht antideutsche Witze über Kartoffeln. Bei dem, was das Hate Magazin für Rassismus hält, kennt es keinen Spass, und dann war da die BILD-Schagzeile, dass jeder 4. Hartz-IV-Bezieher Ausländer ist. Darauf reagierte das Hate Magazin bei Facebook so: […]
Und das Hate Magazin gibt bei Twitter bekannt, dass Facebook die Seite kommentarlos gelöscht hat. Muss man sich mal vorstellen, jahrelang arbeitet das Hate Magazin daran, sich im Internet einen treuen Leserstamm aufzubauen, und dann schreibt man einen einzigen mangelklugen Satz, und alles ist schlagartig weg. […]
Facebook hat die Kontrolle in Deutschland weitgehend an die Bertelsmann-Tochter Arvato ausgelagert. Wirkte bei diesem Vorgehen ein Richter der deutschen Justiz nach Recht und Gesetz, wäre er unabhängig, und Springer gälte ihm bei seiner Entscheidung nicht mehr als das Hate Magazin. Und die Urteilsbegründung, wie auch immer sie ausfallen würde, könnte man anfordern und nachlesen. So schön arbeitet ein Rechtsstaat. […]
Aber hier arbeitet – nun, wer kann das sagen? Jemand muss denunziert haben. Jemand muss gelöscht haben. Begründung gibt es keine. Die Seite wird gelöscht, aus, fertig. Matthias Meisner und andere Unterstützer der Amadeu Antonio Stiftung regen sich auf, wenn ich den Begriff “Social Media Stasi“ verwende, aber genau so funktioniert die Stasi. Irgendwo ist ein Zuträger, den niemand kennt, und dann entscheidet eine undurchsichtige Struktur ohne Rücksicht auf die eigentlich garantierten Rechte des Staates, was in der Realität erlaubt ist, und was nicht. Es gibt keinen Prozess, keinen Rechtsweg, keinen Einspruch, keinen Verteidiger. Statt dessen gibt es eine gezielt aufgebauschte Kampagne, Anleitungen zum Anzeigen, Druck auf die Anbieter der sozialen Netzwerke und in eigener Sache agierende Vereine, die auch nächstes Jahr noch mit Finanzierung durch Steuergelder Druck auf diese Firmen ausüben werden. Für Facebook ist die Seite des Hate Magazins vermutlich so bedeutungslos wie ein einzelner, “politisch unzuverlässiger“ Mitarbeiter für den Volkseigenen Betrieb. Aber die Vertreter der grossen Koalition, ihre Kampagnenhelfer und die Bildzeitung werden auch in vier Jahren noch so da sein, wie früher der Staatsrat, das ZK der SED und das Neue Deutschland.
Die Kampagnen, die wir momentan erleben, nutzen den schwammigen Begriff der Hatespeech, um den Einfluss auf soziale Netzwerke ausserhalb der demokratischen Kontrolle zu rechtfertigen – ein Ziel, das zu einem Aufschrei führen würde, würden sie es direkt bei klassischen Medien versuchen. Das Hate Magazin hat einen Vorgeschmack auf die Maasarbeiten bekommen, zu denen sich das Absprachekartell aus Politik, Helfern und Firmen ermächtigt fühlt. Ein einziger Satz hat gereicht, damit alles verschwindet. Nicht nur ein fragwürdiger Inhalt, sondern alles.
Und dass Sie darüber in der “konservativen“ FAZ lesen, bei einem Autor, dem Linke schon mal gern einen “Stock in die Speichen“ schieben würden. und nicht in den Medien, die ideologisch zwar auf Linie mit dem Hate Magazin sind, ansonsten aber beim Thema Hatespeech den Regierungskurs stützen, und negative Auswirkungen auf die Allgemeinheit nicht thematisieren – das könnte Ihnen auch zu denken geben.“
Don Alphonso: Hatespeech: Feine westliche Zensur, die türkische Despoten neidisch macht, blogs.faz.net, 31. Juli 2016. http://blogs.faz.net/deus/2016/07/31/hat...sch-macht-3573/
„Was an Meinungsäusserung verbreitet werden kann und was nicht, bestimmen nicht mehr Recht und Gerichte, sondern informelle Absprachen zwischen in der Kritik stehenden Politikern, Gruppierungen, die für mehr politisch motivierte Netzzensur stehen, und Firmen, die mit der Androhung von rechtlichen Konsequenzen unter Druck gesetzt werden, die Kontrolle der Inhalte zu privatisieren. Eine Klage gegen eine Accountsperrung ist ohnehin schwer möglich, und wie auf die vierte Gewalt reagiert wird, sofern sie nicht Medienpartnerschaften mit einem Kontrollvereinen hat, habe ich selbst erlebt. Gleichzeitig ist es für Twitter aber scheinbar völlig In Ordnung, wenn Alexander Nabert, Journalist und ehemaliger Beisitzer im Bundesvorstand der Grünen Jugend, mit Amadeu-Antonio-Unterstützer Matthias Meisner vom Tagesspiegel unter Verweis auf ähnliche Attacken gegen Beatrix von Storch und Sarah Wagenknecht einen Tortenanschlag auf Philipp Lengsfeld MdB abspricht, und Meisner das auch noch retweetet: […]
Auch von Aktionen gegen die Accounts von Freunden der Rigaer Strasse 94, die Gewalt gegen den Staat offen befürworten, ist nichts bekannt. Es gibt keinerlei nachvollziehbare Kriterien, was an Äusserungen unter welcher beteiligten Organisation akzeptabel ist. EU, deutsche Ministerien und von ihnen begünstigte Organisationen erschaffen gezielt ein Klima der ausserdemokratischen Unsicherheit, das Denunziation Tür und Tor öffnet, ohne dass die Folgen für die Nutzer erkennbar wären.“
Don Alphonso: Hatespeech: Wenn Regierungswünsche das eigene Lager treffen, blogs.faz.net, 25. April 2016. http://blogs.faz.net/deus/2016/04/25/hat...r-treffen-3333/
„Seit Monaten geistert ein Gerücht durch das Internet: Soziale Medien wie Facebook und Twitter seien demzufolge vom Bundesminister für Vorratsdatenspeicherung, genderistische Werbeverbote und Justiz Heiko Maas zur Zusammenarbeit mit der Amadeu-Antonio-Stiftung gedrängt worden, in der wiederum zwei bekannte Personen mit umstrittener Vorgeschichte arbeiten: Anetta Kahane als Vorsitzende und Julia Schramm, mit eigener Erfahrung zuständig für Hatespeech. Dem Gerücht zufolge wäre die Stiftung am aktuellen Vorgehen der Firmen gegen sogenannte “Hassbotschaften“ beteiligt, die der Bundesregierung seit dem Beginn der Asylkrise missfallen: Tatsächlich äusserten Bürger ihr Unverständnis für die Politik im Netz, und manche überstrapazierten dabei die Grenzen der Meinungsfreiheit. Das Problem sollte vor allem Facebook nach dem ausdrücklichen Willen der Kanzlerin angehen – und was danach konkret passierte, ist nur insofern weithin bekannt, als dass Facebook die Bertelsmann-Tochter Arvato beauftragt hat, gegen solche Aussagen vorzugehen. […]
Erstes prominentes Opfer war das von Heiko Maas geschätzte, in Sachen Persönlichkeitsrechte allerdings problematische und anonyme Projekt “Perlen aus Freital“. Und letzte Woche erwischte es dann die Wiener Schriftstellerin und Aktivistin Stefanie Sprengnagel, die unter dem Pseudonym “Stefanie Sargnagel“ bei Facebook ihre Autorinnenkarriere begründet hat. […]
Die Identitären veranstalteten Grenzblockaden und Demonstrationen, hängten Banner auf Häuser und störten jüngst im Audimax der Universität Wien ein Theaterstück von Elfriede Jelinek über Flucht. Die Identitären nennen das eine “ästhetische Intervention“. Sie bringen ein Gesellschaftsbild der “Neuen Rechten“ mit Aktionsformen und Internetwerbung zusammen, die man ansonsten vom Zentrum für politische Schönheit, Peng Collective, Greenpeace und teilweise auch der Antifa kennt.“
Don Alphonso: Heiko Maas und das Lob für die Denunzianten, blogs.faz.net, 7. März 2016. http://blogs.faz.net/deus/2016/03/07/hei...unzianten-3196/
„Der kreischende Mob wurde diesmal mutmasslich vom Projekt “Perlen aus Freital“ losgetreten. Die Macher betreiben ein Portal, das rechtsradikale Facebookpostings sammelt, mit den persönlichen Daten der fraglichen Autoren zusammenbringt, und versucht, ihnen persönlich und beruflich Probleme zu bereiten – ich habe das früher schon kritisch dargestellt. Man kennt diese Taktik bezeichnenderweise von Linksextremisten, die in der Realität das Umfeld missliebiger Personen “informieren“ – Perlen aus Freital übertragen das ins Netz. Auf Twitter riefen die Macher nun dazu auf, die Einzelfallkarte bei Google zu melden. Ohne Begründung.
Die Perlen selbst klagen, wenn ihre Arbeit auf Facebook behindert wird; hier nun machen sie sich ähnliche Methoden zu eigen. Als ihr eigener Facebook-Account jüngst suspendiert wurde, war die Empörung gross. Ein Blick in die AGB lässt ahnen, warum Facebook den Stecker zog: Die Macher sind anonym und juristisch nicht greifbar, und nehmen bei ihrer Jagd keine erkennbare Rücksicht auf Urheber- und Persönlichkeitsrechte. Ausserdem betreiben sie das alles inzwischen mit Gewinnerzielungsabsicht, und das in einer Form, die über den Tausch von Gutscheinen etwas an Geldwäsche erinnert. Käme es zur Klage oder Abmahnung eines Betroffenen, wäre Facebook als Publikationsplattform direkt betroffen. Man sollte eigentlich denken, dass Juristen die Problematik solcher anonymer Pranger auf Plattformen Dritter verstehen, schliesslich wurde Marc Zuckerberg genau deshalb von der deutschen Politik unter Druck gesetzt, etwas zu unternehmen – aber nein, Bundesjustizminister Heiko Maas setzte sich persönlich bei Twitter für die Perlen ein: […]
Ein Antifa-Anhänger, der sich @gltzrsckchn nennt, ist bei Twitter begeistert über das, was sein Deutschlehrer im Umgang mit mutmasslichen Gegnern empfiehlt – eben das schon von den Perlen bekannte, wörtliche „Denunzieren“. Er veröffentlicht ein Photo des Merkblatts, das da scheinbar im Unterricht einer Abiturklasse verteilt wird. Dem Vernehmen nach in der Region, die früher die DDR war und sich wohl gewisse Eigenheiten im Umgang mit Andersdenkenden bewahrt hat.“
Gerald Wolf: Hass: Kein Fortschritt seit der Steinzeit, Achse des Guten, 31.07.2016. http://www.achgut.com/artikel/hass_kein_...t_der_steinzeit
„Die Liebes-Utopien der 68er sind ausgeträumt, Hass breitet sich aus. Längst auch in seiner extremsten Form, der Mordlüsternheit. Attentate sind alltäglich geworden – Mord an Anderen, entweder an Anderen allein oder erweitert um sich selbst. Mal dort in der arabischen Welt, mal da in der arabischen Welt, in Asien, Afrika, Amerika, in Frankreich, in Belgien, und mittlerweile (schon lange überfällig) auch bei uns in Deutschland. Hass macht Karriere als Hass-Parole und Hass-Mail, als Hass-Predigt und Hass-Kommentar. Von Fremdenhass ist die Rede und von Hasskultur.“
Henryk M. Broder: Mein Name ist Julia und ich quatsche in die Kamera, Achse des Guten, 07.08.2016. http://www.achgut.com/artikel/fundstueck...e_in_die_kamera
„Im Kontext der Debatte um die Amadeu-Antonio-Stiftung und deren Direktorin Anetta Kahane fällt auch immer wieder der Name Julia Schramm. Die junge Autorin und Politikwissenschaftlerin, die in Bonn studiert hat und seit 2012 an der HU Berlin "zur Dialektik des Privaten" promoviert, ist eine Expertin für „Hate speech“.
Man kann sie auch für Texte, Vorträge, Diskussionsrunden, Workshops, Beratung und Moderation buchen. Bekannt geworden ist sie durch ihre häufigen politischen Wenden (Junge Liberale, Piraten, Linkspartei) und nicht ganz zu Ende gedachten Äußerungen auf ihrem Twitter-Account, wie z.B.: Sauerkraut, Kartoffelbrei - Bomber Harris, Feuer Frei. Man muss ihr freilich zugute halten, dass sie eine überzeugte Europäerin ist und sich für ein Europa ohne Grenzen und Nationen einsetzt. Die Aussage „Deutschland abschaffen“ oder „Deutschland überwinden“ ist im Prinzip ein Bekenntnis zur europäischen Integration und ein Bekenntnis dazu, die Nationalstaaten abzuschaffen, und dieses Bekenntnis ist auch das, was Europa zugrunde liegt. Sie glauben es nicht? Dann klicken Sie auf den Link. Link zum Fundstück“
Niels-Arne Münch: "Meine Feinde verteidigen". Hassrede gegen Meinungsfreiheit, Telepolis, 24.07.2016. http://www.heise.de/tp/artikel/48/48916/1.html
„Für Neier war klar: Die Gefahr für die Demokratie, die von der Unterdrückung freier Meinungsäußerung durch staatliche Stellen ausgeht, ist vielfach höher, als die Gefahr durch "freiheitsfeindliche" Diskussionsbeiträge.
In der deutschsprachigen Debatte um Hassreden und Beleidigungen im Netz sucht man solche Stimmen derzeit noch vergebens. Angesichts rassistischer Hetze, zunehmenden Gewalt gegen Flüchtlinge, aber auch gewalttätiger Konfrontationen von Extremisten unterschiedlicher Lager - man denke nur an die "Hooligans gegen Salafisten" oder die Gaza-Demos im vergangenen Jahr - scheint sich ein breiter gesellschaftlicher Konsens für mehr Zensur und Verbote zu bilden.“
Bassam Tibi: Ich weigere mich, zu schweigen, Basler Zeitung, 5. August 2016. http://mobile2.bazonline.ch/articles/57a...b5c3713a1000001
„Trittin beleidigt mich und exkommuniziert mich «aus der Wertegemeinschaft des Grundgesetzes». Hiergegen wollte ich mich wehren und schrieb einen Artikel über die Beschneidung meiner Meinungsfreiheit für Die Welt. Doch hat diese Zeitung, die am 4. Juli mit dem zitierten Interview die Tür öffnete, diese wieder geschlossen mit dem beleidigenden Vermerk, mein Artikel sei «ein Dokument der Larmoyanz und Selbstbezüglichkeit», und die Zusammenarbeit beendet. Es bleibt mir nur die Möglichkeit, wie einst meine jüdischen Lehrer Adorno und Horkheimer in die Schweiz zu flüchten und die Verteidigung der Meinungsfreiheit vorzunehmen. Deutsche Zeitungen lehnen es ab, meine Gedanken zu veröffentlichen, weil sie in die Kategorie «unbequeme Gedanken» (Theodor W. Adorno) eingeordnet werden. Davon werde ich niemals ablassen. […]
Ich kenne Trittin aus den 1970er- Jahren, als er in Göttingen aktiv im Kommunistischen Bund und ich Professor war. Die Tatsache, dass ich ein Marxist der Frankfurter Schule war, missfiel den kommunistischen Gruppen (K-Gruppen). Diese hatten in den 1970ern einen immensen Einfluss auf die Universität, besonders auf die Sozialwissenschaftliche Fakultät.
Trittin war in jenen Jahren in den K-Gruppen sehr prominent, wie der Wikipedia-Artikel über ihn dokumentiert. Diese K-Gruppen haben meinen kritischen Marxismus als «ketzerischen Salon-Marxismus» verfemt und mich damals aus dem Marxismus exkommuniziert; ich wurde zur Zielscheibe ihrer Angriffe. Daraus folgte ein Psychoterror bis zur körperlichen Bedrohung. Der Psychoterror nahm ein solches Ausmass an, dass ich 1977 seelisch und körperlich zusammenbrach und mich in eine mehrmonatige klinische Behandlung begeben musste. 1977/1978 war ich nicht mehr arbeitsfähig. Das sind meine Erinnerungen an die K-Gruppen, zu denen Trittin gehörte. Heute, 40 Jahre danach, werde ich laut Göttinger Tageblatt aus der «Wertegemeinschaft des Grundgesetzes» exkommuniziert. In Göttingen hat die Exkommunikation somit eine Tradition.
Meine von deutschen Gesinnungsethikern als «Vergehen» beanstandeten Meinungsäusserung erfolgte in drei Interviews: In der Welt, zeitgleich in der Basler Zeitung, und zuletzt in der Wirtschaftswoche. In Deutschland zwingen die Meinungsmacher die Bevölkerung, ein Narrativ von einer Willkommenskultur zu übernehmen, wonach die zirka 1,5 Millionen Flüchtlinge aus Nahost und Afrika ein Segen für Europa seinen. An dieser irrationalen Veredelung des Fremden zum «bonne sauvage» zweifle ich, der ich selbst ein Fremder aus Westasien bin. Ich sehe die Gewalttaten im Juli und glaube nicht an das, was deutsche Gesinnungsethiker predigen. Stattdessen handle ich als Verantwortungsethiker, der Probleme beleuchtet und aufklärt. […]
Es wird in Göttingen, wie überall in Deutschland, mehr Kopftuch-Islam und mehr aggressive jugendliche Cliquen geben. Weiterhin behauptet die Stadtverwaltung laut dem Bericht, «es gebe keine Probleme», und die Stadtverwaltung weist jede Kritik als «haltlos» zurück. Es gilt also weiterhin: Augen verschliessen und den Mund halten. Ich weigere mich, mich anzuschliessen; ich lehne es ab, mich wie die Mehrzahl der Deutschen zu verhalten, nämlich mich zu ducken und zu schweigen.“
Ahmad Mansour: Essay Linke und Muslime. Wir sind nicht eure Kuscheltiere, taz, 9. 7. 2016. http://www.taz.de/NULL/!5317219/
„Das linksliberale Spektrum tut sich schwer mit kritischen Muslimen. […]
LehrerInnen und SozialarbeiterInnen schildern, in welchem Dilemma sie sich befinden: Sollen sie Rücksicht nehmen auf Traditionen? Respekt vor autoritären Vätern haben? Die Ehre von Mädchen – und deren Familien – achten, die nicht am Schwimmunterricht teilnehmen sollen? […]
Ich entspreche nicht dem Klischee dessen, der sich ausschließlich über rassistische Vorurteile beklagt – auch wenn ich das durchaus tue – , sondern ich begrüße die Demokratie, in der ich hier lebe, und ich kritisiere offen und deutlich die konfessionelle Enge der muslimischen Communities hier im Land. Ich kritisiere muslimische Dachverbände wie Ditib oder den Zentralrat der Muslime, die behaupten, im Namen meiner Religion zu sprechen und für alle Muslime in Deutschland, was schon allein statistisch nicht stimmt. […]
Ein Netzwerk von deutschen Linksliberalen und Grünen „beschützt“ eine Mehrheit der Muslime in Deutschland vor der Minderheit ihrer muslimischen Kritiker. Was ist daran links, was progressiv?, frage ich mich. Und: Seid ihr noch bei Trost? Oder sind wir eure Kuscheltiere geworden? […]
Kritik von Gläubigen wie Nichtgläubigen an Religion als Herrschaftsinstrument ist ein Klassiker der Linken! Diese Kritik gehört zentral zu ihrem Fundament. Umso verrückter erscheint es, wenn die muslimischen Kritiker ihrer eigenen Religion von Grünen, Linken und sogar Sozialdemokraten mit Argwohn betrachtet werden. Warum ist unsere Kritik nicht ebenso berechtigt? […]
Den kritischen Muslimen wird die Debatte in Deutschland von zwei Seiten verweigert: von den offiziellen muslimischen Verbänden und von den meisten linken, grünen Milieus. Das ist erstaunlich und sollte zu denken geben. In beiden Lagern weigert man sich, brennende Probleme der muslimischen Communities klar zu benennen und anzugehen.
Diese Probleme sind, unter anderem: Das Anwachsen eines gefährlichen Fundamentalismus, der immer mehr junge Leute in den Terrorstaat des IS zieht, das Ausgrenzen von Frauen als Menschen zweiten Ranges, die Erziehung von Kindern mit Angstpädagogik, eine Sexualfeindlichkeit, die zugleich hochgradig sexualisiert wie tabuisiert, ein Buchstabenglaube, der den Koran nicht in seinem historischen und lokalen Kontext versteht, sondern als von Allah diktierten Text begreift. […]
Im April 2015 habe ich in Berlin das „Muslimische Forum Deutschland“ mitgegründet. Wir streiten für einen humanistischen Islam, für eine Debatte innerhalb der muslimischen Community.
http://www.pro-medienmagazin.de/gesellsc...t-machen-96782/
http://www.heise.de/tp/artikel/48/48791/1.html
Sebastian Reinfeld: Islamkritik von links? Ein Gespräch mit Mahsa Abdolzadeh, Semiosis, 1. August 2016. http://www.semiosis.at/2016/08/01/islamk...hsa-abdolzadeh/
„Nicht wegducken – sondern die politische Auseinandersetzung offen und direkt führen. So sollte es eigentlich sein. Stattdessen führt die Linke weiterhin Rückzugs- und Verteidigungskämpfe. Das Thema Islam ist dabei ein Beispiel. Herrscht doch in den islamisch regierten Ländern der Welt eine Gesellschaftsform vor, die mit der Befreiung der Menschen von ihren Fesseln nichts, aber auch gar nicht zu tun hat. Im Gegenteil.
Mahsa Abdolzadeh ist in seinem solchen Land aufgewachsen und auch dort auf eine islamistische Schule gegangen. Wie alle ihrer KollegInnen im Iran musste sie beispielsweise jeden Morgen über Israel-Fahnen trampeln, bevor der Unterricht begann. Erziehung zum Hass ist dort Alltag. […]
Sie ist eine islamkritische Linke, die für die Grünen in Döbling in der Bezirksvertretung sitzt. […]
Leider wird der Islamismus seitens der Linken selten kritisiert, weil jegliche Diskussion zum Thema Islam in linken Kreisen tabuisiert ist.
Einer der Hauptgründe dafür ist das Unwort Islamophobie, was Menschen, die den Islam kritisch beäugen, bei jeder sich bietenden Gelegenheit unterstellt wird. Viele WissenschaftlerInnen im deutschsprachigem Raum, die den Begriff der „Islamophobie“ benutzt haben, stehen der Ideologie islamistischer Organisationen – wie z.B. der der Moslembrüderschaft – sehr nahe. Mit dieser Etikettierung wird jegliche Diskussion und progressive Auseinandersetzung im Keim erstickt, und die KritikerInnen des Islamismus werden mundtot gemacht. […]
Das Wort Islamophobie an sich ist terminologisch falsch, weil eine Phobie eine psychische Erkrankung ist, bei der sich die Angst gegen ein Objekt richtet und der Patient der Phobie ausgeliefert ist, wobei er sich nicht freiwillig entscheiden kann, Angst zu empfinden.
Zum einen ist der Islam aber kein Angst machendes Objekt, sondern eine Ideologie. Außerdem richtet sich die Islamophobie gegen MuslimInnen. Wer aber sind MuslimInnen? Wie werden diese in unserer westlichen Kultur definiert? Durch ihr Aussehen? Durch ihre Herkunft? Durch das Tragen bestimmter Kleidung?
Egal wie die Definition am Ende aussieht, heraus kommt eine Separation im Namen einer Religion, was an sich schon rassistisch ist.
Andererseits räumen wir Menschen, die ausländerfeindlich und xenophob sind, ein, dass sie nichts für ihr Verhalten können und – wenn islamophob – krank sind. Damit befreien wir sie von ihrer Schuld. Fremdenhass ist aber keine Krankheit, sondern eine aus Überzeugung selbst gewählte Haltung.“
[Zur Vertiefung: Kritik am Islamophobiekonstrukt]
Luzie H. Kahlweiß/Samuel Salzborn: „Islamophobie“ als politischer Kampfbegriff. Zur konzeptionellen und empirischen Kritik des Islamophobiebegriffs, Salzborn.de, Jahrbuch für Extremismus- und Terrorismusforschung 2011/2012 (II). http://www.salzborn.de/txt/2012_islamophobie.pdf
http://www.bpb.de/politik/extremismus/re...griffsdschungel
http://www.heiko-heinisch.net/der-begriff-islamophobie/
http://sichtplatz.de/?p=6218
Christian Ortner: Das Buch, das nicht erscheinen darf, Wiener Zeitung, 05.08.2016. http://www.wienerzeitung.at/meinungen/ga...einen-darf.html
„Der Pariser Verlag "Piranha" teilte mit, das Buch nun doch nicht veröffentlichen zu wollen, die Entscheidung stehe im Zusammenhang mit der Terrorattacke von Nizza. Man wolle nicht "Wasser auf die Mühlen der extremen Rechten" gießen. Und weiter, leicht bizarr: "Dies ist keine Form der Selbstzensur." Doch, genau das ist es. Nicht ohne Grund scheint der Verlag, das blutige Schicksal der "Charlie Hebdo"-Redaktion vor Augen, eine Publikation des Werkes zu riskant für Leib und Leben der Mitarbeiter zu finden, wie die Verlagsleitung dem Autor kommunizierte.
Man kann das ja grundsätzlich gut verstehen. Wir haben so freilich allen Grund, den Dschihadisten zu einem vollen Erfolg zu gratulieren. Mitten in der Europäischen Union können islamkritische Bücher de facto nicht mehr erscheinen - als lebten wir in Saudi-Arabien. Ein Stück Selbst-Schariafizierung des europäischen Geisteslebens, sozusagen. Die gegen den Autor gerichtete Todes-Fatwa entfaltet dank des islamistischen Terrors in Frankreich ihre Wirkung, als wäre es ein Urteil des obersten Gerichtshofes.
Mit Recht empörte sich Abdel-Samad, der in Deutschland unter massivem Polizeischutz leben muß: " Die Krokodile, die du jetzt fütterst, in der Hoffnung, dass sie dich nicht fressen, werden auch dich am Ende auseinandernehmen. Voltaire würde sich im Grabe umdrehen, wenn er erfahren würde, welches Verständnis von Toleranz und Meinungsfreiheit einige Kulturschaffende in seinem Land 230 Jahre nach seinem Tod haben!" […]
Dass ausgerechnet die vom islamistischen Terror so hart getroffenen Franzosen, von denen ja nur wenige der deutschen Sprache mächtig sind, solcherart um die Lektüre des "Islamischen Faschismus" gebracht werden, entbehrt nicht einer bitteren Pointe. Denn ausgerechnet jene, die sich da in der Grande Nation in die Luft sprengen, Priestern die Kehle durchschneiden oder mit einem LKW Massenmord begehen, belegen ja die These Abdel-Samads, wonach der radikale Islam durchaus Ähnlichkeit mit faschistischen Gesellschaftsmodellen aufweist.“
Berlin
Werner van Bebber: Wahlkampf in Berlin. Auf Gewalt gegen Sachen folgt Gewalt gegen Menschen, Tagesspiegel, 07.08.2016. http://www.tagesspiegel.de/berlin/wahlka...n/13979526.html
„Wenn sich die Politik auf die Straße begibt, zeigt sich regelmäßig, dass Demokratie nichts Selbstverständliches ist. In jedem Wahlkampf wähnen sich Menschen berechtigt, Plakate zu zerstören, Hausfassaden zu beschmieren und die Fenster von Politikerbüros einzuwerfen: Gewalt gegen Sachen. Die Zerstörung des Wahlkampfmobils eines Spandauer CDU-Politikers gehört – wenn sie denn politisch motiviert gewesen ist – auf die lange Liste der politisch motivierten Sachbeschädigungen mit Gewöhnungseffekt. Sie wirken primitiv. Sie sind antidemokratisch. Sie müssten bestraft werden, aber man kann nicht an jedes Plakat einen Polizisten stellen. […]
In der realen Demokratie haben die einen mehr, die anderen weniger Geld für Werbung. Und wieder andere sind schlicht genug zu glauben, dass, beispielsweise, serienweises Entfernen von AfD-Plakaten den zu erwartenden Einzug der Populisten ins Abgeordnetenhaus verhindern könnte. In der realen Demokratie leben eine Menge Menschen, die glauben, für Gewalt gegen Sachen gäbe es so etwas wie eine moralische Rechtfertigung.
Die gibt es nicht. Es gibt allerdings das gesicherte Wissen, dass zum Beispiel die deutsche Geschichte zeigt, was passieren kann, wenn sich in der Politik Gewalt breit macht. Auf Gewalt gegen Sachen folgt in unfriedlichen Zeiten Gewalt gegen Menschen. Unfriedliche Zeiten sind Zeiten, in denen Gewalt gegen Sachen normal geworden ist. Dann stellt sich so ein Weimarer-Republik-Gefühl ein. […]
Wahlkampf funktioniert nicht ohne Provokation. Er funktioniert auch nicht ohne die Art von Vereinfachung, die manche schon nervt. Nichts davon kann begründen, das Prinzip Gewalt in die Politik einzuführen, Gewalt gegen Sachen oder Gewalt gegen Personen. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Wehren können sich Politiker auch so. In Prenzlauer Berg hat sich die CDU-Wahlkreiskandidatin Christina Henke über zerstörte Plakate geärgert – nun schlägt sie verbal zurück. Auf ihrem Plakat sagt sie per Sprechblase: „Klar kannst Du mein Plakat wieder abreißen. Aber dann bist Du halt kacke!“ Das kann wirklich jeder verstehen.“
Jörn Hasselmann und Rainer W. During: Berlin-Staaken. CDU-Wahlkampfbus ausgebrannt, Tagesspiegel, 05.08.2016. http://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirk...t/13974270.html
„Der Wahlkampfbus des Spandauer Abgeordnetenhauskandidaten Thilo-Harry Wollenschlaeger brannte gegen Mitternacht aus; Autofahrer hatten die Flammen bemerkt und die Feuerwehr alarmiert. Der Wagen mit Werbung für den CDU-Politiker stand auf einem öffentlich zugänglichen Park&Ride-Parkplatz an der Heerstraße, unweit der Stadtgrenze. Zwei daneben stehende Lastwagen wurden beschädigt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus, der für politische Delikte zuständige Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.
Angesichts des Brandanschlages hat der Berliner CDU-Generalsekretär Kai Wegner ein Bündnis aller demokratischen Parteien gegen Links- und Rechtsextremismus gefordert. "Der Druck auf die Brandstifter muss aufrecht erhalten bleiben, bis wir die Täter haben und zur Rechenschaft ziehen können", sagte Wegner vor dem ausgebrannten Wrack in Staaken. Der SPD warf er vor, seit Wochen ihre Unterschrift unter einen Pakt gegen linken Extremismus zu verweigern und jetzt Agitation zu betreiben. […]
Alle demokratischen Parteien in Berlin seien seit Monaten Attacken und Angriffen ausgesetzt, "die mit dem demokratischen Diskurs unvereinbar sind". Den Brandanschlag verurteilte die Berliner SPD sowie die anderen Parteien scharf. "Die Brandstiftung ist ein übler Angriff auf den demokratischen Wettbewerb und die Meinungsfreiheit im laufenden Wahlkampf, unsere Solidarität gilt den Kollegen von der CDU", erklärte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. "Wir verurteilen entschieden jede Gewalt gegen demokratische Parteien, der Berliner Wahlkampf ist ein Wettbewerb der Ideen und Konzepte, ohne Hass und Gewalt." […]
Wollenschlaeger sagte dem Tagesspiegel, dass es sich um sein privates, von ihm als Schausteller genutztes Wohnmobil handelte, das er mit Wahlwerbung beklebt hatte. "Am meisten geschockt ist meine Familie." Neben den Wahlkampfmaterialien sind auch zahlreiche persönliche Gegenstände vernichtet worden, darunter die Playstation seines Sohnes. […]
Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn die Täter eine Nacht später zugeschlagen hätten. Da wollte der Fahrer des Wohnmobils, René Pauly, mit seinem Sohn und dem Sohn von Wollenschlaeger in dem Fahrzeug übernachten. Als Ersatz, weil man wegen des Wahlkampfes auf den geplanten Urlaub mit dem Campingplatz verzichten musste, so der 65jährige, der sonst als Clown, Artist und Moderator auf Volksfesten arbeitet.“