Presse und Internet - Linksextremismus und linksextreme Militanz sowie angrenzende Themen
zusammengestellt am 21.07.2016
Forschung Studie Die Linke
Benjamin Höhne: DIE LINKE. Entwicklungsperspektiven zwischen Extremismus, Populismus und Regierungspragmatismus, 20.07.2016. http://www.kas.de/wf/de/33.45878/
„Das Papier bietet einen aktuellen Statusbericht über die Partei Die Linke. Es soll klären, warum es um die Partei so (relativ) ruhig geworden ist, obwohl ihre Themen im Vordergrund stehen. Darüber hinaus enthält es Antworten auf die Fragen nach der Verankerung der Linken in der linken Szene sowie in den populistischen Bewegungen und ist damit ein Beitrag zur Politikberatung.“ pdf
Debatte Linksextremismus
Prof. Dr. Werner J. Patzelt: Linksautonome Gewalt. Eine Erklärungsskizze, The Huffington Post, 21/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/werner-j-pa...b_11080082.html
„Wenn von linker Gewalt die Rede ist, kommen unweigerlich die „Autonomen" in den Sinn, der „Schwarze Block" bei linken Demonstrationen, meist gut erkennbar an schwarzen Kapuzenpullis und am uniformierenden Tragen von Sonnenbrillen selbst bei schlechtem Wetter. Vermummt also, entindividualisiert, stark als Menge, aus ihr heraus oft gewalttätig.
Friedliche Linke haben oft ein zwiespältiges Verhältnis zu ihnen. Man teilt den Stallgeruch, steht auf der gleichen Seite, hätte es aber gern weniger grob und neigt bei Übeltaten zum Fremdschämen. Wer die Autonomen vom ganz linken Rand versteht, begreift wohl überhaupt den Reiz linker Gewaltsamkeit - und auch dessen Grenzen.
Ein Staat kann auf diese Weise autonom sein. Doch Einzelne? Wo Diktatur herrscht, ist gewiss das Verlangen lobenswert, die Bevölkerung solle nicht einem Tyrannen gehorchen, sondern sich ihre Gesetze selbst geben, etwa mittels demokratischer Repräsentation. […]
Autonome halten das anders. Stolz macht sie gerade das Regelfreie, das Sich-nicht-Einlassen auf alles, was ihresgleichen nicht wollen. Als Gegner erkennen sie jeden, der für anderes steht als sie - oder immerhin für anderes zu stehen scheint. Derzeit bekämpfen sie Rassismus und Sexismus, immer schon Militarismus und die Klassengesellschaft, gleich ob national oder international. Der gemeinsame Nenner mit anderen Linken lautet: „Kampf gegen rechts!".
Bei alledem sind Autonome überzeugt, dass gerade sie Recht haben, Andersdenkende also nicht. Wer aber Recht in der Sache hat, der tut auch Recht darin, sich durchzusetzen. Wer ihm dabei in die Quere kommt, ist dumm oder schlecht. Wird er übel behandelt, so geschieht ihm nur Recht. Gewalt ist deshalb ganz in Ordnung, solange die Richtigen zu ihr greifen. Also die Autonomen, die sich um Grundsätze wie „Gleiches Recht für alle" nicht scheren müssen, weil ja eben sie Recht haben.
Gar nichts gelten Autonomen die Polizisten. „Bullen" heißen sie. Bei der RAF durfte auf sie geschossen werden; Steinewerfen geht also erst recht. In Gestalt der Polizei tritt nämlich der Staat auf, der das von ihm formulierte Recht durchsetzt. An ihm bricht sich die Autonomie von noch so selbstgerechten Gruppen, und eben das erzürnt. […]
Woher kommt solche Lust auf Gewalt? Tiefgreifende Studien scheinen zu fehlen. Vieles spricht dafür, dass es sich bei den meisten Autonomen um junge Leute handelt, überwiegend Männer, noch nicht erwerbstätig, nicht selten bei den Eltern wohnend oder im Soziotop der eigenen Clique.
Unter solchen Umständen verbindet sich jugendliche Unbedingtheit mit wechselseitigem Überbietenwollen in Wort und Tat; Ichschwäche des Einzelnen mit rauschhafter Machterfahrung im Kollektiv; die zu anderen Zeiten in disziplinierten Armeen gebändigte Streitlust der Leute mit der Erfahrung, dass in einer alltagspazifistischen Gesellschaft der Sieg so gut wie immer dem zufällt, der mit Gewalt droht.
Eben das macht Polizisten zum Lieblingsfeind
Die laufen nämlich nicht weg, sondern stellen sich zum Kampf. Nicht weil Polizisten das wollen, sondern weil sie müssen. Sozusagen als Schmutzabtreter unserer Gesellschaft. […]
Dann liegt freilich der Routineaufruf nahe, über „gewiss abzulehnenden Einzeltaten" doch nicht die plausiblen Motive dieser „Speerspitze der Linken" zu vergessen.
Lösen solle man einfach die Probleme von Rassismus und Sexismus, von Militarismus und vielfältiger Klassengesellschaftlichkeit, dürfe aber nicht jene „kriminalisieren", denen kaum anderes vorzuwerfen sei als eine vielleicht zu handfeste Kritik an den Verursachern jener Probleme. Nämlich durch Anzünden von deren Autos, durch Brandanschläge auf deren Häuser oder Räume, durch Verhindern von deren Veranstaltungen oder Demonstrationen, durch Demolieren ihrer Symbole.
Bei solchen Mahnungen ist auch manch grundständige Sympathie zu erkennen, mitunter gar klammheimliche Freude, dass die Autonomen auf gemeinsame Gegner durchaus einschüchternd wirken. Der Zweck heiligt eben die Mittel; auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil; und wo gehobelt wird, dort fallen nun einmal Späne. Und hielte sich der Feind zurück, desgleichen die ihn schützende Polizei, so gäbe es ohnehin keine Probleme: Jene bekämen einfach Recht, die doch rechthaben.
Woher kommt solches Wohlwollen gegenüber den Autonomen?
Offenbar daher, dass Autonome sich meist als „links" verstehen, in unserer Gesellschaft „links" aber mehrheitlich als im Wesentlichen gut gilt. Nach der allgemeinen Faustregel sind Linke sensibel und klug, Rechte aber dumpf und dumm. […]
Nichts außer Notwehr und Nothilfe rechtfertigt Gewalt; selbst dann ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verfahren; und sogar wenn die Linke edler wäre als die Rechte, adelte das durchaus nicht die von ihr ausgeübte oder gebilligte Gewalt. […]
Repression und Abschreckung gegenüber allen Gewalttätern ist deshalb geboten, nicht Duldung oder Nachsicht.
Und damit die liebenswerte Liberalität unserer Gesellschaft erhalten werde kann, braucht es im Vorfeld harten Strafens unbedingt das Hinhören auf jene Probleme, die von Gewalttätern angesprochen werden; die Unterscheidung begründeter Probleme von nur eingebildeten; und sodann wirkungsvolle Versuche, jene Probleme auch in den Griff zu bekommen, an denen sich Gewaltbereitschaft entzündet.“
http://www.huffingtonpost.de/2015/12/13/..._n_8802156.html
Dr. Hans-Peter Uhl: Der Linksextremismus fühlt sich geschützt, The Huffington Post, 20/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/hans-peter-...b_11065778.html
„Nachdem im Juli eine Gewaltorgie Berlin erschüttert hat, beginnt sich das Augenmerk der Öffentlichkeit der linksextremen Gewalt zuzuwenden. Diejenigen, die allzu lange dieser Gewaltausübung den Bonus der Weltverbesserung zugesprochen haben, geben sich irritiert. Man musste aber schon sehr ideologisiert sein, um von den Berliner Ereignissen überrascht zu werden.
Bereits im Jahr 2015 gab es über 2500 linksextreme Gewaltdelikte, davon 1430 gegen die Polizei und 1135 "gegen rechts", was von den Tätern auch immer darunter verstanden werden mochte. Im Jahr 2016 haben sich die Angriffe auf Polizisten, das Abfackeln von Autos und die Verwüstung von Geschäften weiter gesteigert. Zurecht schrieb Alexander Kissler dazu in Cicero: "Momentan ist es der Linksextremismus, der am deutlichsten die bestehende Ordnung angreift". […]
Ich kritisiere insbesondere, dass durch staatliche Programme und Fördermittel teils fahrlässig teils bewusst ein linksradikaler Hegemonieanspruch gefördert wird.
So kooperiert der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung mit der Amadeu Antonio Stiftung, einer Organisation, die sich unter Führung der ehemaligen Stasi-IM Anetta Kahane unter dem Vorwand der Rechtsextremismusbekämpfung offensichtlich dem Kampf gegen die plurale Gesellschaft verschrieben hat.
Als schwerwiegender Fehler hat sich auch die Entscheidung der Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig erwiesen, die von ihrer Vorgängerin Kristina Schröder von geförderten Vereinen abverlangte Demokratieerklärung wieder aufzugeben. […]
Ich halte diese Entwicklung im Bereich des Bundesfamilienministeriums nicht für eine Nachlässigkeit, sondern für eine gewollte politische Weichenstellung. Anders lässt sich die Abschaffung der Demokratieerklärung nicht deuten. Durch solche Weichenstellungen wird aber das Klima geschaffen, im dem sich linksextreme Gewalt der klammheimlichen Unterstützung vieler glaubten sicher zu sein.“
Erika Steinbach: Militante Linke - linke Militanz in Deutschland, The Huffington Post, 19/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/erika-stein...b_11048580.html
„Fast täglich sind in den Medien - oftmals versteckt auf hinteren Plätzen - Berichte über linksmotivierte Übergriffe auf Behörden, Organisationen und politisch Andersdenkende zu finden. Mit den über 100 linksextremen Brandanschlägen auf Autos 2015/2016 - dabei werden bei einem Anschlag oftmals mehrere Fahrzeuge zerstört - hat sich die linksextreme Szene auf Kosten ganz normaler Mitbürger in die Schlagzeilen gebrandstiftet.
5620 linksmotivierte Straftaten zählten die Sicherheitsbehörden 2015 insgesamt. Hinzu kommen linksextreme Propagandadelikte, die nicht verfolgt werden. Bei den Gewalttaten liegt die linke Gewaltanwendung mit 1608 entsprechenden Straftaten noch vor der rechtsextremen Gewalt, die immerhin noch mit 1408 Gewalttaten zu viel zu Buche schlägt. […]
Dieses Blockupy-Aktionsbündnis sieht sich selbst übrigens als Teil eines europaweiten Netzwerkes, das den „revolutionären Bruch mit dem nationalen und dem globalen Kapitalismus, mit der Macht des bürgerlichen Staates" anstrebt. Die Verfassungsschutzämter gehen in Deutschland von etwa 26.700 Linksextremisten und dabei von 7.700 Gewaltorientierten aus. […]
Die „linke Szene" brüstet sich danach im Internet mit ihren „antifaschistischen" Aktionen. Nach der Berliner Richterschaft ist für die Linksautonomen der Kampf gegen „rechts" längst zum Feigenblatt verkommen und „der eigentliche Feind inzwischen der Staat".
Immer wieder werden auch Politiker angegriffen. Neuerdings verstärkt die AfD, aber auch von CDU/CSU, der SPD und der Grünen. Aus linksextremistischer Sicht hat der „Faschismus" seine Wurzeln im „Kapitalismus". Es geht also im Wesenskern des Antifaschismus nicht um Gewalt gegen Rechtsextremisten, sondern um den „Kampf gegen das kapitalistische System" als Ganzes.
Es ist schon befremdlich mit anzusehen, wie selbst grüne und sozialdemokratische Politiker zum Ziel jener Antifa werden, die in großer Naivität oder bewusst bei linken Aufmärschen gemeinsam mit den Jusos in schwarzen Blöcken mitmarschieren. Parlamentarische und Presselinke bauen zugleich erheblichen Rechtfertigungsdruck auf die Beamten der Verfassungsschutzämter auf.
Beunruhigend häufig haben die Medien ein subtiles Repertoire verharmlosender Begrifflichkeiten entwickelt: so schreibt man von rechten Gewalttätern aber von linken „Aktivisten", von rechtsextremen Angriffen aber nur von linken Ausschreitungen, Randale (ohne das Wort links), Protesten oder andere netten Szenebegriffen für diese Freizeittätigkeiten, bei der man die nette Polizistin von nebenan eben mal mit einer 8mm Stahlkugel oder einem Stein um ihre Schneidezähne erleichtert. […]
Ein überzeugter Kämpfer gegen den Rechtsextremismus brachte dies in einem Brief nach dem Potsdamer Antifa-Einsatz, der meine Vorlesung an der Universität gewaltsam verhinderte, auf den Punkt: „All die Sonntagsreden für Demokratie, Zivilcourage und Gewaltlosigkeit lösen sich in Rauch auf; all das wofür ich jahrelang eingetreten bin, ist heute nichts mehr wert. ....
Wir alle wissen auch, was in Deutschland los gewesen wäre, hätten Dutzende Rechtsextremisten den Vortrag eines >umstrittenen Linken< mit solchen Methoden gesprengt: Solidaritätsapelle aus der ganzen Republik wären erschallt, man würde über ihren Fall in der >Tagesschau< berichten..."“
Andreas Scheuer: Null Toleranz gegen Linksextremismus, The Huffington Post, 19/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/andreas-sch...b_11030146.html
„In Berlin brennen Autos. Seit Anfang des Jahres fast jede Nacht. An einem Samstagabend werden 123 Polizisten von linken Krawallmachern verletzt. Und von SPD-Ministerin Manuela Schwesig klingt uns noch immer der Satz im Ohr: „Linksextremismus ist ein aufgebauschtes Problem." Das sagte sie, als sie 2014 das Bundesprogramm gegen Linksextremismus ersatzlos strich. […]
Wir brauchen ein entschiedenes Vorgehen gegen jede Form von Gewalt. Und auch eine öffentliche Debatte, die jede Form von Gewalt gleichermaßen verurteilt. Alle Politiker und die gesamte Medienlandschaft sind gefordert, Haltung zu zeigen und Stellung zu beziehen. […]
Für alle Demokraten sollte klar sein: Wir sagen unseren Polizisten „Danke" und bewerfen sie nicht mit Steinen. […]
Bayern macht es vor: Deeskalation durch Stärke war auch beim G7-Gipfel vergangenes Jahr in Elmau erfolgreich, als keine einzige Glasscheibe zu Bruch ging. […]
Das muss bis hin zu langjährigen Haftstrafen gehen. Auch wenn SPD, Grüne und Linke in Berlin das nicht wahrhaben wollen: Da hilft kein Gesprächskreis. Linke Chaoten lassen sich nur durch die volle Härte unseres Rechtsstaates stoppen!“
Jakob Schäfer, Mitglied des RSB, Revolutionär Sozialistischer Bund: Linke Gewalt: Ursache und Wirkung, The Huffington Post,19/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/jakob-schae...b_11065786.html
„Verfassungsschutz und Polizeigewerkschaften beklagen regelmäßig eine „neue Dimension der linksextremistischen Gewalt". Durch die Ereignisse rund um die Rigaer Straße 94 in Berlin ist das Thema einmal mehr in den Fokus der Medien gerückt und zeigt exemplarisch, welche Prozesse zum Anwachsen linker Gewalt führen.
Das Menschenrecht auf eine Wohnung bedeutet automatisch auch: das Recht auf eine bezahlbare und eine menschenwürdige Unterkunft. Dieses Recht ist in vielen deutschen Städten - insbesondere in Berlin - starken und andauernden Angriffen ausgesetzt. […]
Es handelt sich z. B. bei Angriffen auf Investorenbüros also nicht um Zerstörungswut oder gar Freude an Gewalt, sondern um die Taten von Menschen, die sich in ihrer Existenzgrundlage bedroht fühlen und - durchaus nicht ohne Grund - keine legale Möglichkeit sehen, sich vor dieser Bedrohung zu schützen. […]
Nach den Demonstrationen vom 28.04.2016 in Paris, bei denen mehrere Tausend Jugendliche teilweise bewaffnet die Polizei attackierten, meldeten die französischen Behörden 24 verletzte Polizisten. Wenn nach der Berliner Demonstration vom 9.07.2016 durch Friedrichshain, aus der vereinzelt Flaschen und Steine geworfen wurden, aber 124 verletzte Beamte gemeldet werden, dann arbeitet die deutsche Polizei entweder schlechter als ihre Kollegen in Frankreich oder die Zahlen sind schlichtweg unrealistisch. […]
Landfriedensbruch und Widerstandsdelikte, die einen großen Teil der angeblichen politischen Gewaltdelikte von links ausmachen, werden oft verfolgt, ohne dass den Betroffenen am Ende tatsächlich eine Gewalthandlung nachgewiesen werden kann. Solche Delikte sind bei Linken auch deshalb so hoch, weil die Polizei gegen linke Demonstrationen sehr viel häufiger vorgeht. […]
Fortschrittliche linke Politik kann niemals die Anwendung von Gewalt zum Mittelpunkt ihrer Tätigkeit machen. Für die undogmatische, revolutionär-sozialistische Strömung, in dessen Tradition sich der Autor sieht, ist Gewalt, wenn überhaupt, defensiv begründet und auf keinen Fall darauf ausgerichtet, Menschen anzugreifen. […]
Eine Änderung dieser Verhältnisse wird nur möglich sein, wenn eine Mehrheit der Bevölkerung zu der Überzeugung gelangt ist, dass es so nicht weitergehen kann und wenn sie sich aktiv für ein anderes Zusammenleben engagiert.“
Clemens Schneider: Wie Hausbesetzer von der Marktwirtschaft profitieren, The Huffington Post, 18/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/clemens-sch...b_11009334.html
„Verletzte Polizisten, brennende Autos und bundesweite Aufmerksamkeit. Was die Hausbesetzer in der Rigaer Straße in Berlin und ihre Mitkämpfer veranstalten, kann es eigentlich nur in einem marktwirtschaftlichen System geben. Überall sonst würde gnadenlos niedergeknüppelt.
Im Internet feiern sich die Hausbesetzer der Rigaer Straße 94 als „Teil des radikalen Widerstandes gegen Verdrängung und Vertreibung". Sie sprechen von „Belagerung" und „polizeilicher Besetzung" (privat scheint das in Ordnung zu gehen) und drohen, „Berlin ins Chaos zu stürzen". […]
Widerstand - das ist ein schwerwiegendes Wort, gerade in dieser Stadt. Wenn der Berliner sich eine Vorstellung davon machen möchte, was Widerstand bedeutet, kann er in die Gedenkstätte Plötzensee fahren, wo die Nationalsozialisten im Akkord Widerstandskämpfer an Fleischerhaken gehängt haben (unter anderem auch einen früheren Bewohner des besetzten Hauses: Ernst Pahnke).
Oder man kann nach Hohenschönhausen fahren, wo einem ehemalige Insassen des Stasi-Gefängnisses aus erster Hand die Zelle zeigen können, in der sie Jahrelang eingesperrt waren, weil sie einen Witz über Walter Ulbricht weitererzählt hatten.
Widerstand - davon können die Menschen in Russland berichten oder in den sozialistischen Vorzeigestaaten Kuba und Venezuela. […]
Die Zeiten, in denen die Rigaer Straße auf dem Gebiet einer Diktatur liegt, sind allerdings seit 26 Jahren zum Glück vorüber. Das sollte auch den Hausbesetzern klar sein: Gerade erst haben sie vom Landgericht Berlin Recht bekommen mit ihrer Beschwerde gegen den letzten Versuch einer Zwangsräumung. […]
Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat ist die mit Abstand langmütigste und toleranteste Staatsform, die man sich denken kann. In keinem der von vielen dieser Linksradikalen so hochgejubelten sozialistischen Staat der Welt wäre ein solcher „Widerstand" so lange geduldet worden - heute nicht und früher erst recht nicht.
Dass die Besetzer und ihre Mitstreiter weder brutal niedergeknüppelt noch wochenlang ohne Prozess eingesperrt werden, liegt daran, dass wir in unserer Gesellschaft eine Kultur friedlicher Konfliktlösungen etabliert haben - mit Demokratie, Rechtsstaat und Offener Gesellschaft.
Ein ganz wichtiges Fundament dieser Kultur ist jene Marktwirtschaft, die der Hauptfeind der Hausbesetzer ist.
Die Marktwirtschaft als System hat sich erst im Laufe der letzten vier- bis fünfhundert Jahre etabliert. Die Vorstellung, dass man in größerer Dimension Handel treiben könne, ohne von politischen Autoritäten dabei gesteuert oder zumindest kontrolliert zu werden, hatte es natürlich schwer, sich gegenüber diesen Autoritäten durchzusetzen. […]
Grundsätzlich sind gewalttätige Konflikte für das Funktionieren des Marktes immer schädlich - Friedfertigkeit und gewaltfreie Konfliktlösung erhöhen signifikant die Profitmöglichkeiten aller Marktteilnehmer.
Schon aus praktischen Gründen ist ein demokratisches System mit der Marktwirtschaft kompatibler als mit einer Planwirtschaft, der Gewalt oft als einziges Mittel bleibt, um den Plan durchzuführen. […]
Die Verachtung, die die Hausbesetzer diesem „System" entgegenbringen, ist beschämend. Sie verdanken es einzig diesem System, dass sie Gerichte anrufen können, Brandstifter einen ordentlichen Prozess erhalten und eine freie Presse ihnen eine Bühne bietet, die eigentlich die Freiwillige Feuerwehr oder ehrenamtliche Flüchtlingshelfer verdient hätten. Was für eine Ironie: All das verdanken sie nicht zuletzt der Marktwirtschaft.“
Jan Rübel: Warum rechte Gewalt schlimmer ist als linke, The Huffington Post, 14/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/jan-ruebel/...b_10988732.html
„Gerade kriegen die Journalisten einen mit, weil sie angeblich auf dem linken Auge blind seien. Der Vorwurf konkret: Über linke Gewalttaten werde zu wenig berichtet, über rechte dagegen sehr viel.
Rechts- und linksextreme Gewalttaten müssten in den Medien endlich gleich behandelt werden, forderte kürzlich in der Huffington Post der ehemalige "FAZ"-Herausgeber Hugo Müller-Vogg. […]
In den Zeitungen meines Stammkiosks stehen die Meldungen über die linken Krawalle in Berlin auf Seite eins. […]
Und etwas Zweites ist wichtig: Natürlich müssen die Medien der rechten Gewalt mehr Raum einräumen - denn sie ist gefährlicher. Straf- und Gewalttaten von rechts haben für Deutschland eine größere Bedeutung als jene von links. […]
Diejenige, die derzeit die Medien kritisieren, verweisen häufig auf eine Zahl im Verfassungsbericht. Nämlich, dass es 2015 mehr links- als rechtsextremistische Gewalttaten gab, 1.608 gegenüber 1.408.
Hier lohnt aber ein genauerer Blick auf die Statistik. Denn bei den linken fallen allein fast 500 Straftaten in den Bereich Landfriedensbruch und Widerstandsdelikte. Mit körperlicher Gewalt haben diese Straftaten mit den seltensten Fällen etwas zu tun. […]
Richtig bleibt aber, dass linke Gewalt zunimmt. Auch die Gewalt gegen Menschen nimmt zu. Es sind eben nicht nur zertrümmerte Schaufenster von Goldschmuckgeschäften, die Eingang ins Strafregister finden. Und wenn ein rechtsextremer Rassist mit Gehirnerschütterung im Krankenhaus landet, muss das ebenso Mitleid und Verabscheuung hervorrufen wie bei jedem anderen Menschen auch. […]
Deutschland erlebt gerade keine umstürzlerische Bedrohung von links. Die brennenden Autos, verletzten Polizisten und bedrohten Politiker der AfD - von denen die Medien in den vergangenen Wochen entgegen anders lautender Vorwürfe immer wieder berichteten - stehen für die Verrohung unserer Gesellschaft.
Dennoch: Der Verfassungsschutzbericht attestiert einen „seit Jahren andauernden Bedeutungsverlust linksextremistischer Positionen" und eine „ƒmachtgesellschaftliche Marginalisierung und mangelnde Anschlussfähigkeit".[…]
Schließlich ist die Schnittmenge der AfD mit dem Weltbild jener, die zu rechter Gewalt greifen, offensichtlich.
Auf der linken Gegenseite gibt es solch eine Partei nicht; Autonome und Linkspartei haben kaum Überschneidungen.
Was wollen die? Schließlich ist da noch die Frage des Motivs. Linke Gewalttäter, so falsch sie auch liegen mögen, träumen von einer Gesellschaft mit gleichen Rechten für alle, ohne „Ausbeutung" und ohne Diskriminierung. So jedenfalls steht es in ihren Manifesten, die sie regelmäßig im Netz posten.
Rechte Gewalttäter wollen diskriminieren, spalten und Hass säen: Sie suchen sich Sündenböcke und erheben sich über Andere bei ihrer Suche nach einer angeblich homogenen Gesellschaft gleichen Blutes.
Linke Gewalttäter wenden Nazi-Methoden an, um Nazis zu bekämpfen, wie sie auch der Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow vor einigen Wochen verurteilte. Damals marschierten Linke vor dem Haus des AfD-Mannes Björn Höcke auf.
Das ist töricht und schlimm - aber die rechte Gewalt unterscheidet sich dennoch von der der Linken. Rechte Gewalttäter hegen Hass direkt gegen Menschen und bekämpfen sie mit Gewalt. Linke sehen eher das System als Feind und bekämpfen deren Symbole, was auch dicke SUVs sein können.“
Bernd Zeller: Debatte über Ausschreitungen, The Huffington Post, 14/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/bernd-zelle...b_10963632.html
„Die Gesellschaft diskutiert den Umgang mit unvorhergesehener Gewalttätigkeit.
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Lennart Pfahler: Polizist über linke Krawalle in Berlin: "Wir wollen keinen Krieg, den wir nicht gewinnen können", The Huffington Post, 12/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/2016/07/12/...n_10936714.html
„Bei Krawallen von Linksradikalen wurden am Wochenende in Berlin über 100 Polizisten verletzt. Stein des Anstoßes war die Rigaer Straße im Stadtteil Friedrichshain, in der Linksautonome ein Haus besetzt haben und sich mit Gewalt gegen die Polizeipräsenz wehren.
Ein Polizist, der regelmäßig in der umkämpften Rigaer Straße eingesetzt wird, hat nun bei "Focus Online“ über die heikle Situation gesprochen.“ http://www.focus.de/politik/deutschland/...id_5719658.html
Krawalle nicht nur Berlin: In ganz Deutschland brennen Autos, Huffington Post, 12/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/2016/07/12/...n_10938106.html
„Tübingen, Frankfurt, Leipzig, Dresden, das sind nur ein paar der Orte, an denen Linksradikale in diesem Jahr Autos abfackelten. Wie die Welt berichtet, wurden auch in Güstrow, Neuss und sogar in abgelegenen Ortschaften wie Brüggen bei Viersen Autos angezündet, wobei die Motive in manchen Fällen noch unklar sind.“
Jürgen Klöckner: Linke Gewalt in Rigaer Straße in Berlin: Grünen-Abgeordneter Ströbele fordert Abzug der Polizisten, The Huffington Post, 12/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/2016/07/12/...n_10940002.html
„In einer Berliner Straße im Wahlkreis von Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele entlud sich am Wochenende der Zorn tausender Linksextremisten. Sie demonstrierten gegen Gentrifizierung und höhere Mieten. Über 120 Polizisten wurden dabei verletzt.
Ströbele hat nun einen radikalen Vorschlag ins Spiel gebracht, um die Situation zu befrieden.
"Wenn man zu einer vernünftigen Politik zurückkehren möchte, muss man die Polizei abziehen und mit allen Beteiligten reden“, sagte der Politiker im Gespräch mit der Huffington Post. Statt hochgerüsteter Polizisten, die dauerhaft vor Ort sind, sollten wieder Streifen gefahren werden.
Ströbele macht der Polizei schwere Vorwürfe. Der Einsatz sei weder legitim - "300 Polizisten sind vor Monaten aus heiterem Himmel ohne Gerichtsbeschluss aufgeschlagen". Zudem sei er für die Bewohner eine Zumutung. Sie müssten durch Passkontrollen und könnten nur schwer Besucher empfangen. "Die fühlen sich belästigt", sagt Ströbele.
Außerdem nahm er die Anwohner in der Rigaer Straße in Schutz. "Wer glaubt, dass von den Bewohnern Gewalt ausgeht, hat die falsche Sicht auf die Dinge“, so Ströbele.“
Marc Steinau: Autonome Brandstifter: So gefährlich sind die Linksextremisten in Deutschland, The Huffington Post, 11/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/2016/07/11/...n_10925074.html
„Im vergangenen Jahr haben linksextremistisch motivierte Gewalttaten massiv zugenommen
Vor allem in Berlin, Frankfurt und Leipzig kam es zu brutalen Ausschreitungen mit vielen Verletzten
In der Forschung und den Medien ist der Linksextremismus gegenüber rechter Gewalt aber nur eine Randnotiz
Wenn wir über politisch motivierte Gewalt sprechen, dann sprechen wir meist über brennende Flüchtlingsheime. Diese Vorfälle sind schlimm genug. Gleichzeitig aber übersehen viele einen weiteren, besorgniserregenden Trend: Die wachsende Zahl linksextremistisch motivierter Übergriffe.
Vergangenes Wochenende erst hielten linke Gewalttäter ganz Berlin in Atem. Und viele haben schon halb vergessen, dass im März vergangenen Jahres eine ähnliche Situation in Frankfurt herrschte, als Demonstranten gegen die Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank (EZB) protestierten.
Müllcontainer und Polizeiautos standen in Flammen, Steine flogen.
Bei der Protestaktion, die von dem kapitalismuskritischen Netzwerk Blockupy initiiert war, wurden vier versuchte Tötungsdelikte gegen Polizisten registriert. […]
Sogenannte Aktionsfelder gegen Diskriminierung und Unterdrückung und für soziale Gerechtigkeit klingen nach edlen Motiven. Sie werden von Linksextremisten jedoch radikal missbraucht. […]
Das Interesse der Forschung und der Medien am Linksextremismus nahm in den Neunzigerjahren deutlich ab. Bis heute wird vergleichsweise wenig zum Linksextremismus geforscht. […]
Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte werden von einem “neuen Tätertyp” verübt, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2015.
Dieser Tätertyp sei zuvor noch nie in der organisierten rechtsextremistischen Szene aufgefallen.
Aber nicht nur am rechten Rand, sondern auch am linken hat sich ein “neuer Tätertyp” entwickelt. SPD-Politiker Jäger spricht von einer “Resonanzgewalt” die durch die Flüchtlingsdebatte entstanden sei – eine Gegengewalt der Linksextremisten als Reaktion auf den Rechtsextremismus.
Durch gegenseitige Provokationen schaukelt sich der Kampf zwischen dem rechten und dem linken Lager - sowie der Polizei - immer weiter hoch. […]
Anschläge auf Einrichtungen und brennende Autos sind Anzeichen für Terrorismus. Eine Minderheit in der linksextremistischen Szene schreckt davor nicht zurück. Der Soziologe Armin Pfahl-Traughber schreibt in seinem Buch “Linksextremismus in Deutschland” die Tendenz zum Terrorismus sei bei den Autonomen und auch bei anderen Linksextremisten zu beobachten.
Aus solchem Gedankengut und Agieren entstand einst die mörderisch vorgehende Gruppe der RAF.“
Tom Sundermann: Studie: Die zunehmende linke Gewalt ist für viele Medien kein Thema, The Huffington Post, 11/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/2016/07/11/...n_10927226.html
„Bei der Berichterstattung über extremistische Gewalt geht es in deutschen Medien meist um Taten mit rechtsradikalem Hintergrund - und nur selten um solche, die von linksextremistisch motivierten Tätern verübt wurden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Analyseinstituts Mediatenor für die Huffington Post, für die knapp 450.000 Beiträge aus ARD, ZDF, "Bild", "Focus" und "Spiegel" seit 2001 ausgewertet wurden.
Seit dem Jahr 2011 überwiegen demnach kontinuierlich Berichte über rechte Gewalt mit teils über 200 Nennungen pro Jahr, während linke Gewalt kaum 20-mal jährlich in den Medien abgebildet wird. Die tatsächliche Zahl der Straftaten wird damit nicht proportional wiedergegeben: So gab es laut Bundeskriminalamt gut 1.400 rechte Gewalttaten und 1.600 linksmotivierte Delikte. […]
Im Jahr 2007 überwogen mit einer sehr deutlichen Mehrheit Berichte über linke Taten - Grund dafür sei die Berichterstattung über den G7-Gipfel (damals noch G8) im Ostseebad Heiligendamm gewesen. Seit 2011 allerdings hätten der Skandal um die rechtsextreme Terrorgruppe NSU und eine Serie fremdenfeindlicher Brandstiftungen den Medienfokus hin zum rechten Spektrum gelenkt.“
HuffPost Staff/mast: "Gefährliche Turbo-Radikalisierung": In diesem Bundesland zeigt sich, welches Problem wirklich auf Deutschland zukommt, The Huffington Post, 05/07/2016. http://www.huffingtonpost.de/2016/07/05/...n_10810636.html
„Vor allem in NRW hat der politische Extremismus zugenommen
Zusammen mit dem Anstieg rechtsextremer Gewalt steigen laut Jäger aber auch die Aktivitäten Linksextremer. Bei linken Straftaten nahm die Zahl gegenüber dem Vorjahr sogar um 70,3 Prozent von 1.261 auf 2.148 zu. Es handle sich dabei um eine sogenannte "Resonanzgewalt" – eine Gegengewalt, die als Reaktion auf den Rechtsextremismus entsteht.“
John Stanley Hunter: Warum Links- und Rechtsextremismus nicht das Gleiche ist, The Huffington Post, 14/03/2016. http://www.huffingtonpost.de/john-stanle..._b_9445568.html
„Dass man durch die Gleichsetzung der beiden menschenverachtende, xenophobe und teils faschistische Ideologien weitgehend verharmlost, wird durch eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Bewegungen klar.
Die Extremismustheorie, oder auch Hufeisentheorie, verhindert aber eine Debatte um die beiden; der Großteil der Menschen in Deutschland sieht sich in der vermeintlichen gesellschaftlichen Mitte und kann sich mit Ablehnung von „beiden Extremen" durch Phrasen wie „Gewalt ist daneben, egal ob rechts oder links daneben" distanzieren. So ist man abgeklärt, braucht nur eine Schublade für konstruierte Extreme und kann sich moralische Überlegenheit einbilden ohne sich jemals mit den Inhalten näher auseinandergesetzt zu haben. […]
Eine neutrale Position zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gibt es nicht, sie zu dulden heißt Position zu beziehen. […]
Im Tagesspiegel bedankt sich Sebastian Leber bei der ANTIFA, eine für ihn "viel zu gescholtenen Subkultur: „Gäbe es den Widerstand nicht, hätten Rechtsextreme bald keine Hemmschwelle mehr, in der Öffentlichkeit zu agieren. Sie könnten ungestört Flugblätter verteilen: vor Supermärkten, vor Schulen, in Fußgängerzonen. Sie könnten Druck ausüben und anderen ihre Werte aufzwingen."
Menschen, die sich also gegen autoritäre Herrschaftsstrukturen wehren, sollten in keinster Weise mit denen, die versuchen, eben diese Herrschaftsstrukturen durchzusetzen, gleichgesetzt werden. Es geht den Linken nun mal nicht um Spaß an Gewalt und Zerstörung, sondern um Widerstand gegen die Unterdrückung und für die Rechte und Freiheiten von Minderheiten.“
http://www.huffingtonpost.de/petr-bystro..._b_9213532.html
http://www.huffingtonpost.de/2016/01/23/..._n_9058550.html
http://www.huffingtonpost.de/gunter-weis..._b_9346262.html
http://www.huffingtonpost.de/gunter-weis..._b_8949294.html
http://www.huffingtonpost.de/gunter-weis..._b_9009642.html
Berlin
Stellungnahme von Kai Wegner zum Angriff auf das Büro von Katrin Vogel, kai-wegner.de, 20.07.2016. http://www.kai-wegner.de/2016/07/2198/
„Der Angriff auf das Büro von Katrin Vogel zeigt einmal mehr, dass es höchste Zeit für einen Konsens gegen Extremismus ist, egal ob von links oder rechts. Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ist absolut inakzeptabel. Alle, die die Werte unserer Demokratie teilen, sollten sich aktiv und öffentlich von Extremisten und ihren Unterstützermilieus distanzieren. Die wehrhafte Demokratie muss sich gegen ihre Feinde verteidigen.“
Schwarzer Block: Wie in Berlin hunderte Autonome den Rechtsstaat vorführen, Spiegel, 19.07.2016. http://www.spiegel.de/video/wie-in-berli...eo-1690563.html
„"Es soll 123 verletzte Schweine geben. Wir hoffen, das stimmt." Wenn man dieses Pamphlet der Autonomen aus der Rigaer Straße in Berlin liest, wird ziemlich schnell klar, wie der schwarze Block zur Polizei steht. Was zurzeit im Stadtteil Friedrichshain passiert, erinnert an die Hochzeit der Hausbesetzungen Anfang der Achtzigerjahre. Vordergründig geht es nur um die Nutzung von Wohnungen - doch in Wahrheit geht es um viel mehr. Die Hausbesetzer stellen die staatliche Ordnung vollständig in Frage.“
Erfurt Förderung Aktionstraining
Peter Nowak: Small Talk, Jungle World, 23. Juni 2016. http://jungle-world.com/artikel/2016/25/54315.html
„Das Erfurter Bildungskollektiv (Biko) veranstaltete kürzlich den Workshop »Polizeigewalt durchfließen«. Dafür wird es heftig kritisiert, der innenpolitische Sprecher der thüringischen CDU-Fraktion, Wolfgang Fiedler, hat dem Biko den Missbrauch öffentlicher Gelder vorgeworfen. Das Biko-Mitglied Michel Raab hat mit der Jungle World gesprochen. […]
Was hat Wolfgang Fiedler Ihnen vorgeworfen?
Er meint, wer der Polizei Gewalttätigkeit unterstelle, zeige dadurch eine staatsfeindliche Grundhaltung, die nicht mit dem Auftrag politischer Bildung vereinbar sei. Unserer Auffassung nach ist es ein Kerngebiet politischer Bildung, Menschen zu befähigen, sich kritisch mit Staat und Gesellschaft auseinanderzusetzen. Fiedler wünscht sich die Zeit zurück, in der Bildung den Auftrag hatte, die Identifikation mit dem Staat und seinen Organen zu fördern. […]
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat ihren Standpunkt bekräftigt, dass der Workshop sehr wohl dem Auftrag entspricht, die Beschäftigung mit politischen Fragen zu vertiefen, gerade weil Menschen, die sich öffentlich gegen Naziaufmärsche stellen, oft mit Gewaltanwendung seitens der Polizei konfrontiert sind.“
„2. Juni“
Michael Sontheimer: Nachruf auf Bommi Baumann. Wie alles endete, taz, 20. 7. 2016. http://www.taz.de/!5320956/
„Er rebellierte gegen Alt-Nazis, sah sich als Haschrebell und war Teil der „Bewegung 2. Juni“. Ein Anarchist, der später wie ein englischer Lord auftrat.
Auffälliger konnte man kaum aussehen, als es der weltweit als Terrorist gesuchte Bommi Baumann im Spätsommer 1980 in Rom tat. Ananasfarbene, blondierte Haare, weißes löchriges T-Shirt, schwer benietete schwarze Lederjacke, ein Punk, dessen Klamotten aussahen, als hätte die Modeschöpferin Vivienne Westwood sie entworfen. Seine Taktik: so sehr auffallen, dass niemand auf die Idee kommen könnte, er wolle sich verstecken und sei auf der Flucht.
Er trank Weißwein und erzählte mir zwei Tage lang seine Geschichte. Dabei sprach er mit einem Akzent, wie man ihn nur auf den Straßen Berlins lernt. Und er hatte einen wunderbaren Humor, der human und zynisch zugleich war. Sein Fazit war allerdings traurig: „Es gibt kein Happy End in Deutschland.“
Sein Vater war Nazi gewesen, angeblich hatte er dem Berliner Gauleiter Joseph Goebbels die erste schwarze Lederjacke gekauft. Seine Mutter war eher unpolitisch, eine Berliner Kleinbürgerin; Michael Baumann wurde am 25. August 1947 in Berlin-Lichtenberg im sowjetischen Sektor Berlins geboren. Als er zwölf war, wechselte die Familie in den britischen Sektor über. […]
Zunächst nannte die Gruppe sich nach der Guerilla in Uruguay „Tupamaros West-Berlin“, dann „Bewegung 2. Juni“. Baumanns Begründung: „Damit konnten wir zeigen: Ihr habt den ersten Schuss abgefeuert. Wenn wir irgendwann zurückschießen, ist das euer Verdienst“.
Für die Guerilla rekrutierte Baumann Inge Viett und Verena Becker, die später zur Rote Armee Fraktion (RAF) überwechselten. Die Gruppe legte eine Bombe, durch die ein Bootsbauer zu Tode kam. Das war für ihn ein erster Schock.“
Gerd Nowakowski: Zum Tod von Michael "Bommi" Baumann, Der Terrorist, der Reue zeigte, Tagesspiegel, 20.07.2016. http://www.tagesspiegel.de/berlin/zum-to...e/13905546.html
„"Haschrebell", Bombenbauer der "Bewegung 2. Juni", schließlich geläuterter Ex-Drogenabhängiger: Bommi Baumann führte ein Leben voller Wendungen - und in Konkurrenz zur RAF. Ein Nachruf.
„High sein, frei sein, Terror muss dabei sein“ – das war ein Spruch nach seinem Geschmack. Für „Bommi“ Baumann umriss das viele Jahre, in denen er so etwas wie ein Popstar der gewaltbereiten Linken war, sein politisches Konzept. Vom „umherschweifenden Haschrebellen“ bis zum skrupellosen Bombenbauer und zurück zum geläuterten Ex-Drogenabhängigen: ein Leben voller Wendungen und Achterbahnen. Am 19. Juli ist Bommi Baumann mit 68 Jahren in seiner Heimatstadt Berlin gestorben. […]
Bommi Baumann, Georg von Rauch und Thomas Weisbecker, die in der sogenannten „Wielandkommune“ zusammenlebten, taten sich zusammen, um als "Stadtguerilla" aktiv zu sein.
Ihr Vorbild waren die Tupamaros in Uruguay. Nach Brandanschlägen der „Tupamaros West-Berlin“ gegen eine britische Fluggesellschaft saß Baumann 1970 einige Monate im Gefängnis. […]
Im Februar 1972 starb bei einem Bombenanschlag auf den britischen Yachtclub in Berlin ein Bootsbauer – der zufällig die Bombe fand, die eigentlich nur Sachschaden anrichten sollte. Baumann, der an der Bombe mitgebaut hatte, löste sich daraufhin von der „Bewegung 2. Juni“ und tauchte ab. […]
Nach sechsjähriger Flucht durch verschiedene Länder wurde er 1981 in London gefasst und saß wegen Bankraubes und der Sprengstoffanschläge fünf Jahre in Haft. Noch auf der Flucht schrieb er das Buch „Wie alles anfing“ und rechnete dabei mit der „Bewegung 2. Juni“ und ihrem Irrweg ab. Zehn Jahre nach dem Ende der DDR wurde bekannt, dass Baumann für die Staatssicherheit ein Dossier über die Mitglieder von RAF und „Bewegung 2. Juni“ gefertigt hatte, nachdem er auf der Flucht in der DDR verhaftet worden war.“