1959 beschloss die SPD das Godesberger Programm und eröffnete sich damit und mit ihrem Ja zur Westintegration und zur NATO erstmals die Chance auf parlemantarische Mehrheiten in Bundestagswahlen. In Willy Brandt wurde dies alles gerade in den 60er Jahren gut verkörpert. Nach 30 Jahren ist es üblich, dass sich eine Partei ein aktuelleres Programm gibt. Die Diskussion darüber führte die SPD verstärkt nach dem Regierungsverlust 1982. In Verkennung der tatsächlichen deutschlandpolitischen Realitäten sowie der sicherheitspolitischen Notwendigkeiten (Doppelte Nullösung/NATO-Doppelbeschluss)begann sich die SPD auf einen fahrlässigen Weg der Annäherung an die SED und deren Denkweise zu bewegen. Ausfluss dieses Prozesses war das gemeinsame Papier von SPD und SED. Faktisch bereitete die Generation Lafontaine ihr Fundament für ihre geplante Zeit der Verantwortung auf Bundesbene vor. Aus heutiger Sicht wäre Unverantwortung der korrektere Begriff. Schlimmer Ausfluss dieser "neuen" Denke waren die Forderungen nach Abschaffung der Zetralstelle Salzgitter und die Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft.
Die Friedliche Revolution in der DDR und die Gründung der SDP/DDR am 7. Oktober 1989 machten all diesen Anwandlungen den vorläufigen Garaus, was bis zum Putsch von Lafontaine 1995 in Mannheim halbwegs anhielt (Berliner Programmparteitag 1990 - Hans Büchler ).
Kurzum. Die SPD beschloss im Dezember 1990 ein Programm, welches in wichtigen Teilen auf Grund der Friedlichen Revolution in der DDR (die anfänglich nicht friedlich war) und der Samentenen Revolution in Mittel-Osteuropa (die anfänglich nicht samten war) von den Abläufen überrollt war. Der Zug war nicht mehr aufzuhalten und es bedurfte einer 5jährigen Diskussion mit Haken und Ösen, das Berliner Programm wenigstens zu aktualisieren. Ich liess nicht locker. Anfänglich schrieb ich Anträge für Gliederungen und zog damit durch den Landesverband Sachsen. 1997 ergab sich die Gelegenheit, Hammer und Amboss zusammen zu bringen. Zwischen 1991 und 2003 organisierte ich die jährliche Seeheimer Spargelfahrt der SPD-Bundestagsfraktion, wobei mein Bonner/Berliner Mitarbeiter Albrecht Rehren mehr die Arbeit hatte und ich mehr die Verantwortung trug . Zur Spargelfahrt auf dem Rhein lud ich den Parteivorsitzenden Lafontaine ein. Er kam und ahnte nicht, dass ich ihn frontal hammermäßig nehmen würde. Was ich aber im Beisein von über 100 Seeheimern und noch einmal so vielen Journalisten ganz genau tat. Ich warf ihm seine Verweigerung der Aktualisierung des Berliner Programms in barschen Worten über Mikro für alle gut verständlich vor. Es wirkte, die drückenden Fragen der Journalisten uund Kollegen nach über 5 Jahren zielstrebigen Streites meinerseits zeigten endlich Wirkung. Am nächsten Tag rief mich sein Adjudant Schwarzer aus dem Parteivorstand an und signalisierte die Bereitschaft, das Berliner Programm noch vor der Bundestagswahl 1998 auf Vordermann zu bringen. Die Grundwertekommission unter Leitung Wolfgang Thierses bekam den Auftrag, einen Entwurf vorzulegen. Beschlossen wurde die Aktualisierung vom Bundesparteitag der SPD im April 1998 in Leipzig. Mit dem Ort Leipzig gelang mir damals ein weiterer Coup mit Hilfer vieler Freunde. Meine Argumentation pro Leipzig als Ort des Bundesparteitages, der Gerhard Schröder zum Kanzlerkandidaten küren sollte, würde ein guter Wahlkampfauftakt für die SPD in Ostdeutschland sein. Was sich dann ja auch genauso ergab. Ein besseres Wahlergebnis erreichte die SPD in Sachsen bisher nicht wieder.