Psycho-Sekte Reichsbürger, Deutsche Einheit und Friedensvertrag
In der Auseinandersetzung mit den unsäglichen, sogenannten "Reichsbürgern" schrieb ich einem derer (dessen Namen man weder braucht noch daß ich ihn etwa in Erinnerung behalten hätte) folgende Zeilen bereits vor 3 Jahren. Ich war so frei und habe es anschließend einem weiteren guten Dutzend jener Wortführer zugeschickt; mit dem Resultat, daß einige wenige zumindest die menschliche Kraft hatten zu sagen: 'Ja, ich gebe zu, daß ich mich da eigentlich gar nicht auskenne'. Hier der Wortlaut:
Der "ZweiPlusVier"-Vertrag ist völker- und staatsrechtlich einwandfrei ein Friedensvertrag. In diesem haben wir endgültig auf die Gebiete östlich von Oder/Neiße verzichtet. Er ist sogar mehr als das: Denn - wie noch nie in der Geschichte der Menschheit - wurde um diesen multilateralen Friedensvertrag herum weiteres gigantisches Vertragswerk geschaffen.
Ohne rechtliche Not wurden aus moralischen sowie politisch klugen Gründen weiterhin eingebunden: Bilaterale Abkommen mit Rußland (als Rechtsnachfolger der damaligen Sowjetunion), Polen und der Tschechei sowie internationale Verträge mit der OSZE, der NATO, der EU, der WPO, dem RGW, der OECD und der UNO.
Theoretisch, ja (aber wirklich nur theoretisch) könnte man all dies wieder neu verhandeln. Vielleicht auf Wunsch der unwissenden, viertelgebildeten und menschlich verkorksten Reichsbürger? Oder auf Wunsch einer nicht minder bildungsfernen Sekte namens "Bilderberg-Verfolgte"? Mit Gewalteinwirkung erzwingen, können 'wir' (?) es aber endgültig nicht mehr, ohne gegen die UNO-Normen zu verstoßen. Und das bereits seit der KSZE-Schlußakte von 1975.
Das Grundgesetz ist eindeutig unsere Verfassung. Diese ist einwandfrei demokratisch zu Stande gekommen, weil der Parlamentarische Rat sowie die Bundesländer 1949 zu Zweidritteln zugestimmt haben. Der Beitritt der DDR 1990 war ebenfalls mit mehr als Zweidritteln der Volkskammer grundgesetz-konform vollzogen worden.
Deutschland ist uneingeschränkt seit dem 15.03.1991 souverän. Wenn wir uns zu viel gefallen oder einreden lassen, sind wir das selber schuld. Wir haben einige (zu viele) Souveränitätsrechte an die EU - allerdings reversibel - verfassungskonform abgegeben.
Durch Nachverhandeln der Verträge könnten wir diese selbstverständlich zurückerhalten. Als letzter Schritt geht aber auch ein Austritt aus der EU, der mit Zweidrittel-Mehrheit von Bundestag und Bundesrat ohne Genehmigung des Bundesverfassungs-Gerichts jederzeit und mit sofortiger Wirkung - wenn man etwa nicht volle 2 Jahre verhandeln wollte - möglich ist.
Überhaupt das Thema "Reichsbürger", wobei ich bei diesen Verrückten kurioserweise immer wieder an das Heidelberger "Sozialistische Patienten-Kollektiv" von 1968 denken muß. Psychopathologisch wird aus deren Reihen immer wieder die Forderung nach einem Friedensvertrag vorgetragen:
Ein Friedensvertrag mit allen anderen 43 Kriegsgegnern (...neben den 4 'Großen' ) ist auch deshalb unsinnig, weil wir ja eine Übereinkunft mit dem gemeinsamen damaligen Bündnis der Kriegsgegner (UNO) getroffen haben. Dies bereits 1973 durch Beitritt beider deutscher Staaten. Erneut dann 1990 als vereinigtes Deutschland.
Der Feind war im Rückblick aller 47 Alliierten nicht mehr das deutsche Volk sondern die Regierung unter Hitlers Kanzlerschaft. Und genau diese Personen-Gruppe wurde ja auch im Nürnberger Prozeß angeklagt; nicht etwa das deutsche Volk. Nachdem diese NS-Regierung endgültig ‚wirkunmächtig‘ geworden war, wurde dann der Weg frei dafür, daß selbst der 'Staat Deutschland' dem Kriegsbündnis beitreten konnte.
Ausdrücklich betont die UNO durch Beschluß seit 1990, dass die Feindstaatenklausel auf Deutschland keine Anwendung mehr findet. Hinzu kommt, daß die "Großen Drei" der Hauptalliierten (Sowjetunion, USA, Großbritannien) selber ganz bewußt im Jahre 1942 ein Abkommen geschlossen hatten, nach welchem der Kriegszustand mit Deutschland auf den Juno 1962 limitiert war. Dies gehört unmißverständlich zu der Lesart eines Gegenstandes des Kriegsbündnisses namens UNO hinzu.
Viele der 47 Kriegsgegner hatten zudem bereits bis Ende der 60er Jahre mit beiden deutschen Staaten Friedensabkommen geschlossen. Etliche ehemalige Feindstaaten existierten 1990 gar nicht mehr. Alle ehemaligen Kriegsbündnis-Partner Deutschlands waren 1990 definitiv nicht bereit, in die alte Rolle eines Hitler-Koalitionärs zu schlüpfen. Dies wäre unumgänglich gewesen, hätte man sich (absurderweise) 1990 an den Tisch gesetzt, um einen (in der Sache gegenstandslosen) Friedenvertrag zwischen zig Staaten zu schließen.
Als schwerwiegend kommt im Übrigen hinzu, daß die "Großen Vier" sich ihrerseits verbeten haben, mit den übrigen 43 Staaten auf gleicher Augenhöhe an der einen Seite des hypothetischen Verhandlungstisches Deutschland gegenüber zu sitzen.
Rechte in Bezug auf Deutschland und seine zukünftige Außengrenze hatten ausschließlich "die Vier" aus der Runde des Zwei-Plus-Vier-Vertrags, resultierend aus den alten sowie den - dann durch den Vertrag unmißverständlich - beendeten Vorbehaltsrechten. Nur gegenüber diesen Haupt-Alliierten (abzüglich Frankreich) hatte Deutschland überhaupt bedingungslos kapituliert. Und nur diese großen Alliierten hatten ein uneingeschränktes Verhandlungs-Recht.
Denn ungefähr einhundert Staaten waren erst zwischen Kriegsende 1945 und dem Beitritt „beider Deutschland“ 1973 der Anti-Hitler-Koalition namens UNO beigetreten. Warum also sollten diese Staaten (zu einem großen Teil ehemalige Kolonien) sowohl von den „Großen Vier“ als auch von Deutschland überhaupt im Jahre 1990 - oder womöglich sogar noch heutzutage - als Verhandlungspartner akzeptiert werden?
Abschließend: Sollte man nicht zumindest die UN-Feindstaaten-Klausel abschaffen, weil allein ihre Existenz den einen oder anderen deutschen Neo-Nazi auf die Palme treibt, obwohl die Klausel sich nicht mehr auf Deutschland bezieht? Es gab während der Verhandlungen zur Deutschen Einheit mehrere gute Gründe, nicht darauf zu beharren:
Eine Abschaffung der Klausel hätte uns 1990 zu viel Zeit und zu viel Geld gekostet. Dagegen haben wir die ausdrückliche Ausklammerung Deutschlands aus der Klausel schnell und billig hinbekommen. Was meint der geneigte und verständige Leser wohl, wer damals alles die Hand bereits aufhielt?
Nachtrag: Ich schrieb einigen sogenannten ‘Reichsbürgern‘:
Ihr beantwortet Eure Fragen selbst und liefert unwillkürlich, aber unverständig des eigenen Vortrages die Lösung für das von Euch aufgeworfene Problem: Ja, das Völkerrechtssubjekt "Deutsches Reich" tritt seit dem "Zwei-Plus-Vier-Vertrag" von 1990 und dessen endgültigem, uneingeschränkten Inkrafttreten am 15.03.1991 auf in Gestalt der Bundesrepublik Deutschland, mit der das Deutsche Reich als Völkerrechtssubjekt (also als international anerkannter Staat sowie Adressat der Anliegen anderer Staaten) identisch ist.
Das heißt, das Deutsche Reich hat endgültig und uneingeschränkt rechtswirksam seit dem 15.03.1991 die Gestalt, die Größe, das Grundgesetz als Verfassung, die Herrschaftsform, die Gesetze, die Staatsgewalten, die garantierten Grundrechte, den Staatstypus und das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland. So einfach ist das. Ihr seht also: Es gibt gar kein Problem. Genau so entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; bruchlos von Anfang an. Vorbereitet in Jahrzehnten und vollendet mit der deutschen Wiedervereinigung.
Das Erscheinungsbild Deutschlands ist heutzutage staatsrechtlich nach innen und völkerrechtlich - nach und von außen anerkannt - die Bundesrepublik Deutschland seit 1990/91. Davor konnte die westliche Bundesrepublik nicht das ganze Deutschland abbilden, weil es die DDR gab, auf welche sich nicht die freie Staatsgewalt erstrecken konnte und deren Staatsgebiet seit den Ostverträgen (Binnenverhältnis, Gewaltverzicht beider deutscher Staaten) und - international sanktioniert - seit 1975 (KSZE) unverletzlich war.
Sollte man sich als Adressat Dritter (Staaten und Personen) aber nun deswegen der Verantwortung und der Kontinuität entziehen, wie es die DDR versuchte? Nein. Und deswegen "übernahm" damals die westliche Bundesrepublik den Status des Völkerrechtssubjekts des Deutschen Reiches; verkörperte somit die Identität Deutschlands über Kaiserreich, Weimar, NS-Terrorherrschaft, Krieg, brauner und roter Diktatur sowie Teilung hinweg.
Hätte man dies aufgegeben, so wäre der Gegenstand der alliierten Vorbehaltsrechte ("in Bezug auf Deutschland und Berlin als Ganzes"...) verschwunden. Man glaubte damals, dass dadurch die Gefahr hätte entstehen können, dass es niemals mehr zu einem Friedensvertrag und/oder zu einer abschließenden Regelung überhaupt kommen werde.